Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
260 Richard Blaas brasilianische Regierung entschloß, die Diskriminierung durch den gestaffelten Einfuhrzoll aufzuheben. Das am 12. November 1828 erlassene Gesetz setzte den Einfuhrzoll für alle Waren und für alle Nationen einheitlich auf 15% fest. Auf Grund der vielen auf dieser Basis bereits abgeschlossenen Handelsverträge war der diskriminierende höhere Tarif von 24% schon illusorisch geworden120 121). Der österreichisch-brasilianische Handelsvertrag hatte in der Tat eine beachtliche Steigerung des Handels zur Folge. Man wagte sich in Österreich wieder mit Projekten und Plänen an die Öffentlichkeit und die Regierung suchte den Handelsstand zu einem neuen Versuch zu ermuntern. Unmittelbar nach Abschluß des Handelsvertrages im Herbst 1827 startete der Triestiner Reeder Graziadio Minerbi mit zwei Brigantinen zu einer Fahrt nach Brasilien: „ein aufmunterungswürdiges Unternehmen“, dem Metternich alle nur mögliche Unterstützung durch die österreichische Vertretung in Brasilien verspricht, damit sowohl er selbst (Minerbi) als auch andere vor neuen Versuchen nicht abgeschreckt sondern angeeifert werden mögen, das gegebene Beispiel nachzuahmen und auf solche Art den für beide Teile gleich nützlichen unmittelbaren Verkehr mit Brasilien mehr und mehr zu begründen“ m). In Wien erschien im Juli 1828 eine in deutscher und italienischer Sprache verfaßte Programmschrift über die Errichtung einer österreichischbrasilianischen Gesellschaft122). Die interessante Broschüre gibt zunächst, ausgehend von dem glücklich abgeschlossenen Handelsvertrag, einen Rückblick auf den bisherigen Stand des Handels mit Brasilien, der für Österreich zwar stark passiv war, d. h. es sind bedeutend mehr Waren aus Brasilien nach Österreich eingeführt als von Österreich nach dorthin ausgeführt worden. Die Hauptimportwaren sind Kaffee, Zucker und Baumwolle; der Anteil an österreichischen Schiffen ist noch sehr bescheiden. Die Handelsstatistik von 1827 nennt unter den 68 in Triest aus Brasilien eingelaufenen Schiffen nur drei österreichische: „im vorigen Jahr wurden 120) Ebenda. Bericht Nr. 33 D ddo. 27. Oktober 1828 betreffend die Schwierigkeiten wegen der Herkunftszertifikate vgl. auch Bericht Nr. 30 F „les bäti- mens arrivés jusqu’ici ne sont pas muni de certificates d’origine des products de l’Autriche, dönt se compose leure cargaison; cette omission qui est en contravention au traité peut créer des difficultés réelles“ ... alle diese Schwierigkeiten wurden durch das Gesetz vom 12. Nov. 1828, publiziert im Courrier du Brésil, feuille politique, commerciale et litteraire nr. 63, Beilage zu Bericht Nr. 8 A ddo. 15. Nov. 1828, endgültig aus der Welt geschafft, da mit diesem Gesetz der Einfuhrzoll für alle Nationen einheitlich mit 15% festgesetzt wurde. 121) St.K. Dipl. Korr. Brasilien, Fasz. 16, Weisung vom 15. September 1827. — Der „Veloce“ des Reeders Minerbi folgten bald weitere Schiffe so z. B. der „Courrier Triestin“ (vgl. Bericht Nr. 33 D, ddo. 27. Oktober 1828, Fasz. 18, Nr. 30 F u. a.). 122) Die kleine Programmschrift war verfaßt von M. H. Weikersheim, sie ist zweispaltig gedruckt, in deutscher und italienischer Sprache, und in Wien in der Strauss’schen Druckerei 1828 erschienen.