Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
258 Richard Blaas sein“ —, zugestandene Recht, die nötigen Konsulareinrichtungen zu schaffen, war kein schwieriger Ver handlungspunkt gewesen, aber doch eine wichtige Voraussetzung für die praktische Durchführung des Vertrages. Die im Artikel 15: — „Gegenwärtiger Handels- und Schiffahrts-Traktat soll durch einen Zeitraum von sechs Jahren, vom Tage der Ratifikation an gerechnet, in voller und unbeschränkter Wirksamkeit bleiben“ —, ausgesprochene Befristung der Gültigkeitsdauer des Vertrages empfand man in Wien nicht als lästig, im Gegenteil war man der Ansicht : „die Erfahrung während der bedungenen 6jährigen Dauer des Traktates wird dann am täglichsten lehren, ob und welche Änderungen und Verbesserungen nach deren Ablauf in besagtem Staatsvertrage zum Besten unseres eigentlich erst noch ins Dasein zu rufenden unmittelbaren Handels- und Schiffahrtsverkehrs mit Brasilien vorzunehmen sein dürften“ 114). So war also der erste zwischen Österreich und Brasilien abgeschlossene Staatsvertrag glücklich unter Dach und Fach gebracht. Der österreichische Gesandte in Rio de Janeiro wurde eindringlichst ermahnt, die Zeit bis zum Eintreffen des Vertragswerkes „bestens zu benutzen, um das dortige Ministerium auf dessen baldiges Erscheinen gehörig vorzubereiten und alle Hindernisse zu beseitigen, welche gegen Verhoffen der kaiserlichen Ratifikation etwa in den Weg gelegt werden dürften“ 114). Der Vertrag wurde durch den brasilianischen Kurier nach Brasilien gebracht. Kaiser Petro I. ratifizierte ihn am 29. November 1827 und Kaiser Franz I. am 28. Februar 1828. Im Protokoll über den Austausch der Ratifikationen brachte der österreichische Staatskanzler Metternich eine ausdrückliche Verwahrung Österreichs dagegen vor, daß das brasilianische Ratifikationsinstrument nur in portugiesischer Sprache und nicht wie vereinbart in französischer Sprache abgefaßt war; es wurde festgelegt, daß bei allen Interpretationsschwierigkeiten das ursprüngliche französische Original maßgebend sein müsse us). Mit Brasilien standen zu dieser Zeit in Handelsvertragsverhandlungen: Preußen, Dänemark, Holland, die Vereinigten Staaten von Nordamerika und die Hansestädte. Den hanseatischen Unterhändlern Sieveking und Gilder- meister war in Rio de Janeiro gelungen, in ihrem am 17. November 1827 Unterzeichneten Handelstraktat die wichtige Bestimmung durchzusetzen, daß alle Waren und Produkte, ganz gleich welchen Ursprungs, die aus einem der hanseatischen Häfen nach Brasilien verschifft werden, sei es unter der Flagge der Hanse oder einer der anderen am meisten begünstigten Nationen, die Vorteile der Meistbegünstigung, d. h. des niederen Eingangszolles genießen sollten. Diese Formulierung war noch eindeutiger und vorteilhafter als jene im Artikel 6 des österreichischen Vertrages. Baron Mareschal, der den hanseatischen Vertrag sofort als den vorteilhaftesten <14) Ebenda. Weisung vom 15. Juni 1827 Nr. 3 Confidentielle. ns) Der Austausch der Ratifikationen erfolgte am 16. März 1828 in Wien unter Verwahrung Österreichs gegen den Gebrauch der portugiesischen Sprache in der brasilianischen Ratifikation. Vgl. Bittner, Staatverträge a. a. 0. nr. 2277.