Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels

254 Richard Blaas Bei den in Wien gepflogenen Verhandlungen ging es im wesentlichen darum, den österreichischen Waren, auch wenn sie nicht auf österreichi­schen Schiffen und durch österreichische Kaufleute auf den brasilianischen Markt kamen, die Meistbegünstigung bei den Zollgebühren zu sichern. Es hatte nämlich gerade wegen dieser Frage mit den brasilianischen Zollbe­hörden laufend Auslegungsschwierigkeiten gegeben106). Der französische Handelsvertrag enthielt im Artikel 14 den Passus, daß der begünstigte Tarif von 15% anstatt der sonst üblichen 24% nur für französische Waren auf französischen Schiffen gelten solle. Diese Einschränkung würde aber den Wert des Handelsvertrages für Österreich weitgehend illusorisch machen. Österreich besaß eine kaum nennenswerte Handelsmarine für den ozeanischen Überseehandel. Die österreichische Handelsmarine war auf die nautischen Gegebenheiten im Mittelmeer eingespielt, hatte aber wenig ge­eignetes Schiffsmaterial und geschulte Mannschaften für eine Ozeanüber­querung. Man war also genötigt, einen Großteil der Übersee-Exporte und Importe auf fremden Schiffen zu tätigen. In der Regel übernahmen eng­lische und amerikanische Schiffe die Fracht. Es kam also sehr wesentlich darauf an, die Meistbegünstigung nicht an die Nationalität der Schiffe und der Kaufleute, sondern an die Herkunftsdeklaration der Waren zu binden. Der kaiserliche Geschäftsträger in Brasilien hatte sich bisher, da ein nennenswerter österreichischer Brasilienhandel nicht vorhanden war, aus den diversen Streitigkeiten mit den brasilianischen Zollbehörden her­ausgehalten und die Protestschritte den Engländern und Franzosen über­lassen. Metternich mißbilligte diese seine Taktik, weil er befürchtete, die Engländer und Franzosen könnten sich in dieser Angelegenheit zu nach­giebig erweisen, da beide Nationen über eine respektable Handelsflotte verfügten und eine diesbezügliche Einschränkung der Meistbegünstigung nicht so zu spüren bekommen würden. Für Österreich habe er, so wurde dem Geschäftsträger bedeutet, auf jeden Fall den Grundsatz zu vertreten, „daß die Waren, sobald sie als österreichische Erzeugnisse legitimiert werden und unmittelbar aus einem österreichischen in einen brasilianischen Hafen gebracht worden sind, die bedungene Zollbegünstigung geniessen, durch welche Kaufleute auch immer die Einfuhr bewirkt worden sein mag1’. Ein Abgehen von diesem Grundsatz, der übrigens im Artikel 6 der Konvention seine Begründung findet, würde „nur dazu dienen, unsere Produktion um den Vorteil der Zollbegünstigung zu bringen, ohne unserer Schiffahrt eine wesentliche Aufmunterung zu gewähren“ 107). loe) St.K. Dipl. Korr. Brasilien, Fasz. 13, Bericht nr. 21 H ddo. 18. Sept. 1826. — Mareschal hatte bei allen Auseinandersetzungen mit den Zollbehörden meistens den anderen Nationen in der Überzeugung „que pour nous qui n’avons en realité encore aucun commerce, il suffirait de laisser aux gouvemements les plus interessés ä l’affaire ..den Vortritt gelassen. 107) Ebenda, Berichte Nr. 17 G, 18 B, 21 H, 15 B und Weisung Nr. 2 vom 15. Juni 1827 und Fasz. 16, Weisung vom 23. III. 1827.

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