Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandeís 253 sandte in Wien, Vicomte de Rezende, erhielt von seiner Regierung die nötigen Vollmachten ausgestellt. Über die Abgabe der Verhandlungen nach Wien war der österreichische Geschäftsträger wegen des Fehlens näherer Weisungen zwar erleichtert, bedauerte aber, als er bald darauf, am 1. August die Weisung Metternichs vom 12. Mai in Händen hielt, die ihn beauftragte, den Handelsvertrag abzuschließen, daß er sich durch die Delegierung der Verhandlungen nach Wien der Ehre beraubt habe, seinen Namen unter den ersten Staatsvertrag zwischen Österreich und Brasilien setzen zu können. Es war nicht das erstemal, daß die weite Entferung und die Zeit der Nachrichtenübermittlung den österreichischen Diplomaten in seiner Wirksamkeit hemmten. Baron Mareschal, der seit 1819 den österreichischen Kaiserstaat in Brasilien vertrat und als Verbindungsglied und Vertrauensperson zwischen der Kaiserin Leopoldine und ihrer kaiserlichen Familie in Österreich fungierte, hatte sich viel Erfahrung und Ortskenntnisse erworben. Er verstand es ausgezeichnet, mit den Regierungsstellen umzugehen und hatte sich auch am Kaiserhof in Rio de Janeiro eine ausgesprochene Vertrauensstellung erworben. Er besaß hinreichende Kenntnisse, um den politischen Intentionen seiner Regierung in jeder Lage auch ohne ausdrückliche Weisungen gerecht zu werden. Es war daher selbstverständlich, daß dieser fähige Diplomat, als es galt, die Unabhängigkeit Brasiliens formell durch die Akkreditierung eines Gesandten anzuerkennen, ohne Vorbehalt zum kaiserlichen Gesandten am Hofe von Brasilien ernannt wurde. Am 27. Oktober 1826 unterschrieb der Kaiser das Beglaubigungsschreiben104 105), aber noch bevor es Mareschal in feierlicher Audienz überreichen konnte, war eine seiner wichtigsten und heikelsten Aufgaben, nämlich die eines Beraters, Sachwalters und Protektors der Kaiserin, Erzherzogin Leopoldine, erloschen. Kaiserin Leopoldine war überraschend und unerwartet nach kurzer Krankheit am 13. Dezember 1826 gestorben. Der Tod Leopoldinens beeinträchtigte natürlich auch die Sonderstellung des österreichischen Gesandten. Die Delegierung der Handelsvertragsverhandlungen nach Wien war im Artikel 17 der Konvention vorgesehen und wurde von Metternich begrüßt und für die österreichischen Interessen als vorteilhaft empfunden. Die Konvention fand übrigens Metternichs volle Zustimmung, denn, obwohl nicht alle Vorschläge des österreichischen Entwurfes durchgegangen waren, entsprach sie doch „den vorzüglichsten Wünschen auf das befriedigendste“. Metternich schwebte bei den Verhandlungen als Ziel vor, die in dem französischen Handelsvertrag mit Brasilien für den französischen Handel enthaltenen Privilegien in abgewandelter Form auch den österreichischen Handelsleuten zu sichern. Er erhoffte auch „in den fraglichen Definitiv- Vertrag für Österreich, das zu erwirken, was dem Pariser Hof zugestanden worden ist“ ,05). 104) Ebenda. Weisung vom 29. Oktober 1826. 105) St.K. Notenwechsel, Noten an die Hofkammer, Fasz. 30, Note vom 20. November 1826.