Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
252 Richard Blaas auf, der inzwischen auch in Wien bekannt geworden war. Statt der nur vorläufigen Konvention sollte nun ein definitiver Handelsvertrag abgeschlossen werden. „Die Hauptgrundlage der Unterhandlung wird immer das Prinzip bleiben“, wurde der Geschäftsträger instruiert, „daß beide con- trahierenden Theile einander in den bündigsten Ausdrücken und mit allen angedeuteten vertragsmässigen Klauseln sich die Zugeständnisse einräumen, die rücksichtlich Unterthanen in den beiderseitigen Häfen ohne Vorbehalt oder Ausnahme jederzeit nicht nur den am meisten begünstigten Nationen, sondern auch selbst den eigenen Unterthanen in allen Zöllen, Schiffahrtsgebühren und anderen derlei Abgaben vollkommen gleich halten zu wollen“ 101). Mareschal war es auch ohne die Kenntnis dieser Weisung gelungen, ein Vertragswerk zustande zu bringen, das, obwohl nur als provisorische und vorbere:tende Aktion gedacht, dann doch zur Gänze und ohne viele Abänderungen in den definitiven Handels- und Schiffahrtsvertrag übernommen werden konnte. Die österreichisch-brasilianische Convention préliminaire de commerce et de navigation wurde am 30. Juni 1826 von den Unterhändlern unterschrieben102). Diese Konvention sicherte dem österreichischen Handel alle jene Vorteile, die bis dahin irgendeiner anderen Nation zugestanden worden waren oder in Zukunft zugestanden werden würden. Die Meistbegünstigungsklausel war in vollem Umfang durchgesetzt worden und die Gültigkeitsdauer der Konvention, die ja ohnehin von einem Handelsvertrag abgelöst werden sollte, war auf sechs Jahre befristet, was durchaus den Gepflogenheiten der brasilianischen Regierung entsprach, die nicht mehr geneigt war, Handelsverträge mit längerer Bindung abzuschließen. Der englische Vertrag vom Oktober 1825 konnte nicht als Norm genommen werden, da er von der englischen Regierung nicht ratifiziert worden war. Die „vorläufige Konvention“ sollte jedoch sobald als möglich in einen staatsrechtlichen Handels- und Schiffahrtsvertrag umgewandelt werden. Mareschal, dem zur Zeit der Unterzeichnung dieses Präliminarvertrages keine weiteren Instruktionen Vorlagen, trat die Verhandlungen über den eigentlichen Handelstraktat nach Wien ab103). Der brasilianische Ge101) Ebenda. Weisung vom 12. Mai 1826 Nr. 1, 2, 3. 10ä) Bittner, Staatsverträge a. a. O. nr. 2263. — Der Präliminarvertrag wurde nicht ratifiziert und am 16. Juni 1827 neuerdings abgeschlossen. Die Art. 1—4, 6—16 des Vertrages von 1826 sind gleichlautend mit den Artikeln 1—10, 12—14, 11, 15 des Vertrages von 1827. Art. 5 des Vertrages von 1826 fehlt im Vertrag von 1827 und besagt, daß die brasilianischen Schiffe in den österr. Häfen dasselbe Tonnengeld zahlen sollen wie die österreichischen Schiffe. Art. 17 bestimmt, daß statt dieses Präliminarvertrages ein definitiver Vertrag abgeschlossen werden solle. los) St.K. Dipl. Korr. Brasilien, Fasz. 13, Bericht Nr. 18 A ddo. 12. August 1826 „Je cru toutefois y remedier amplement en faisant passer la négociation définitive dans les mains de Votre Altesse, aprés avoir obtenu ici tous les avan- tages concedés ä présent ou que l’on concederait ä l’avenir ä la nation la plus favorisée, ne prévoyant pás que Votre Altesse me transmetterait de nouveau ordres avant de connaitre le résultat des premiers.