Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels 249 fall für den späteren österreichischen Vertrag dar und ist daher auch für diesen von Bedeutung. Der englische Handelsvertrag umfaßte 32 Artikel und war als Ganzes unbefristet, sah aber vor, und damit war den brasilianischen Vorbehalten Rechnung getragen, daß über 6 bezeichnete und wichtige Artikel des Vertrages nach Ablauf von 10 Jahren Abänderungsvorschläge nach gegenseitigem Übereinkommen beantragt werden können. Der Zollsatz bleibt wie im alten Vertrag auf 15%, aber alle übrigen Privilegien und Sonderbestimmungen aus dem Vertrag von 1810 werden als mit der Verfassung nicht vereinbar gestrichen. Zum Ausgleich dafür erhält England das Recht auf den Indienhandel, der bisher Portugal Vorbehalten gewesen war, d. h. England kann aus Indien Waren nach Brasilien importieren und aus Brasilien nach Indien exportieren. Da auch die Panta, der allgemeine Tarifindex, erst vor kurzer Zeit neu festgesetzt worden war und zwar unter der im alten Vertrag garantierten Einflußnahme Englands, konnte man ohne weiteres mit dem österreichischen Vertreter der Meinung sein, daß England durch den neuen Vertrag nichts verloren, im Gegenteil eher gewonnen habe. England wird in dem Vertrag ausdrücklich als die „nation la plus favorisée ä l’exception de la nation portugaise“ anerkannt. England hinwieder anerkennt in der Präambel des Handelsvertrages ausdrücklich die Unabhängigkeit Brasiliens, die Souveränität Pedros I. und seiner legitimen Nachkommen96). Der k. k. Agent, Baron Mareschal hatte im Verlauf der Verhandlungen zum englischen Handelsvertrag die Überzeugung gewonnen, daß die brasilianische Regierung die 24% ige Zollbelastung auch bei anderen Nationen werde fallen lassen. Frankreich war bereits mit Verhandlungen hervorgetreten, der österreichische Vertreter wartete nur noch auf das Startzeichen aus Wien, um auch seinerseits in Verhandlungen einzutreten. Er brauchte diesmal nicht lange zu warten, in Wien reagierte man sehr prompt. Kaum war die Nachricht vom Abschluß des Ausgleichsvertrages vom 29. August 1825 nach Wien gelangt und damit das letzte Hindernis für eine formelle staatsrechtliche Anerkennung aus dem Weg geräumt, erging auch schon an Baron Mareschal die Weisung und die Vollmacht, handelspolitische Gespräche aufzunehmen. „Bei dem regen Antheil, welchen der Kaiser und König an allem, was die Beförderung des österreichischen Handelsverkehrs betrifft, zu nehmen geruhen“, ließ die Staatskanzlei den k. k. Agenten wissen, „hat die 8B) Bericht Nr. 32 ddo. 30. Sept. 1825 ... „les puissances qui voudront con- clure des traités de commerce et faire mention dans ces traités de la reconnaissance de l’indépendance et du titre y trouveront des facilités particuliéres. — Bericht Nr. 33 D ddo. 24. Oktober 1825 ........„pár le préambule S. M. Britannique r econnait l’indépendance et l’Empire du Brésil ainsi que la souveraineté dans l’Empereur actuel et ses descendans légitimes“ ... Le traité ne contenant rien d’exclusif, il dependra entiérement de ce gouvernement d’y assimiler d’autres nations ce qui serait d’autant plus ä son avantage que tous les droits qui sont ä plus de 15% sont selon l’opinion génér ale entierement au profit de la contre- bande et au détriment du revenu de l’état.