Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
BLAAS, Richard: Die Anfänge des österreichischen Brasilienhandels
232 Richard Blaas So fiel auch die Schlußbilanz über diesen ersten Handelsversuch, die der Präsident der Kommerzhofkommission am 24. November 1818 dem Kaiser vorlegte, bei aller Berücksichtigung der erlittenen Rückschläge und des ungünstigen Erfolges per saldo nicht allzu pessimistisch aus. Es war, wenn auch die Handelsleute bei dem ersten Versuch nicht auf ihre Rechnung gekommen waren, der Zweck, „nämlich den Anfang eines direkten Handels mit jenem Erdteile, nicht ganz unerreicht geblieben“. „Die durch den ersten Versuch gemachten Erfahrungen scheinen daher wirklich schon von dem Handelsstande benutzt zu werden und es ist nicht zu zweifeln, was auch die Triester Börsendeputation glaubt, daß ungeachtet des ungünstigen Resultates des ersten Versuches, der Handel mit Brasilien in der Zukunft mit Vorteil wird betrieben werden können.“ Die Kommerzhofkommission hielt dafür, daß die weitere Entwicklung und Befestigung der kommerziellen Verbindungen im Detail jetzt ganz dem Handelsstande überlassen werden könne, daß aber die Fragen von staatswirtschaftlichem Interesse auf diplomatischer Ebene von der kaiserlichen Vertretung in Brasilien bis zum Abschluß eines günstigen Handelsvertrages vorangetrieben werden müssen58). „Nachdem nun einmal die Bahn gebrochen ist“ folgerte der Präsident der Kommerzhofkommission in seinem Schlußreferat, „so dürfte die weitere Entwicklung und Befestigung der kommerziellen Verbindungen in Detail allerdings den Handelsleuten überlassen werden; diese werden, wenn es ihren Interessen zusagt, die Niederlagen und Kommissionshandlunger, in Rio de Janeiro errichten ... in bezug auf die Handelsleute findet daher das Jaissez les faire' seine volle Anwendung nicht aber auch dort, wo es die Leitung des Handels im Großen betrifft und es sich um Würdigung höherer staatswirtschaftlicher Rücksichten handelt... hier muß der Staatsmann eingreifen“ 59). Der österreichische Geschäftsträger beim königlichen brasilianischen Hof, Freiherrr von Neveu, der nach der Heimfahrt des Sonderbotschafters zum ao. Gesandten und bevollmächtigten Minister ernannt worden war, stieß bei seinen gelegentlichen Vorstößen zugunsten des österreichischen Handelsvertrages auf die bei diesem Hofe so beliebte Taktik des elastischen Ausweichens auf Ausreden und des Zurückweichens vor definitiven Entscheidungen. Hatte man ihn zunächst damit vertröstet, daß vor Beginn der eigentlichen Handelsvertragsverhandlungen die beiden Handelsgremien in in Europa geradezu entgegengesetzt sind, so daß sich ein Mangel in Südamerika zeitgerecht ausnützen läßt“. — Bericht Webers vom 25. Mai 1818. ss) HKA., Kom.-Präs. rote Nr. 1251, ZI. 1759, Vortrag über den Erfolg des ersten Handelsversuches. 59) Herr Weber hatte bereits eine Filiale in Rio de Janeiro etabliert. „In Kürze wird das Haus Weber in Triest eine neue Expedition nach Rio de Janeiro durch die österreichische Merkantilbrigg «Iginio» mit einer Ladung von 263 Tonnen verschicken, welcher bald eine zweite folgen soll, ihre Rückladung aus lauter amerikanischen Produkten bestehen soll“. — HKA., Kom.-Präs. rote Nr. 1251, ZI. 1680. — Der Handel hatte also seine Chance gewahrt, man konnte ihn sich selbst überlassen.