Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BENNA, Anna Hedwig: Doppelspionage im Türkenjahr 1683

16 Anna Hedwig Benna suche er nach einer geeigneten Person am Hof, die sich gegen Geld zu dieser Tat bereitfinde. Brechthal sei zum Glück in der Lage, in den Besitz des Schreibens, welches dieses Gift enthält, mit Hilfe eines seiner Korrespon­denten zu gelangen. Aus bestimmten Gründen würde der Bote noch in Frankreich zurückgehalten. Kaplir sei ebenso wie Zrínyi in Haft zu nehmen und zu verhören. Zum Schluß ging Brechthal noch auf die Frage des Lohnes, den die Verschwörer von französischer Seite zu erwarten hätten, ein. Kaplir winke außer einer großen Summe Geldes die Würde eines Vizekönigs von Böhmen, Breuner habe Geld und eine höhere Würde zu erwarten, Zrínyi die Generalscharge in Ungarn und Koenigsegg werde nur Geld erhalten. Brecbthals Informationen trafen bei Abele, der auftragsgemäß in Passau bis zur Beendigung der Untersuchungen des Falles Zrínyi zurückgeblieben war85), erst am 20. September nach einem Umweg über Linz ein. Inzwischen war Wien von der tötliehen Umklammerung des Belagerungsheeres befreit worden. Die ungeheuerlichen Beschuldigungen gegen Kaplir schienen durch die Tatsache des klaglosen Funktionierens des Geheimen Deputiertenkolle­giums, sowie des Kundschafterdienstes zwischen der eingeschlossenen Festung Wien und dem Hauptquartier des Herzogs Karl von Lothringen, den Kaplir leitete86), glänzend widerlegt. Nach Ansicht Abeies stand es daher „quoad formalia and realia“ dieser Eröffnung schlecht, sie schienen ihm sehr schwach fundiert, Brechthals Behauptungen nahezu unglaubwürig. Das Verfahren gegen Zrínyi hatte sichtlich keine weiteren belastenden Tatsachen zu Tage gefördert. Doch hielt er es für unumgänglich notwendig, den Boten mit dem Geld festzunehmen und zu verhören, damit die Verdachtsmomente bewiesen oder entkräftet werden könnten 87). Von Brechthal verlangte Abele die Einsendung einer beglaubigten Abschrift des intercipierten Schreibens mit der Giftsendung, das dieser in Händen zu haben behauptete 8S). Brech­thal hatte keine Eile, Abele und Waldstein mit Beweismaterial zu versorgen. Kaiser Leopold nahm das Angebot des Prager Erzbischofs, den P. Dunod nach Holland zu schicken, um Brechthal zur Auslieferung seines Beweis­materials zu veranlassen, an. Und P. Dunod begab sich im November 1683 nach Amsterdam. Mitte November, als P. Dunod bereits unterwegs war, meldete sich Brechthal noch ein letztes Mal bei Erzbischof Waldstein88). Diesmal wieder mit den üblichen Entschuldigungen, seine Reise hätte neuer­lich auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden müssen. In seinem Be­sitze befänden sich die Originalschreiben der Verräter und der Brief, in 85) Erwähnt im Schreiben Abeies an Brechthal, 1683 September 23, Passau (Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Familienakten Kart. 110. Abele eigenhändig). 86) Das Kriegsjahr 1683, S. 183 f, 186, 195, 210. 217. Walter Sturminger, Die Kundschafter zur Zeit der zweiten Türkenbelagerung Wiens im Jahre 1683, MÖStA Erg. 3/2 (1951) 349 ff. Vgl. oben Anm. 43. 87) 1683 September 24. Abele an Kaiser Leopold. Vgl. oben An. 73. 88) 1683 November 16. Brechthal an Erzbischof von Prag (Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Familienakten Kart. 110. Abschrift). In einem weiteren Schreiben vom 19. November, präs. 28. November, erhob er noch einmal Geldforderungen.

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