Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

BENNA, Anna Hedwig: Doppelspionage im Türkenjahr 1683

Doppelspionage im Türkenjahr 1683 17 dem sich das Gift befand. Der Bote mit dem Verräterlohn sei bereits unter­wegs nach Linz. Um seinen weiteren Geldforderungen Nachdruck zu ver­leihen, fügte Brechthal noch hinzu, er sei auch in der Lage, Andeutungen über die Personen der Verschwörer zu machen, unter denen sich nicht weniger als vier Geheime Bäte befänden, Die Anfangsbuchstaben der Namen dieser Herren lauteten „CK, SP, SP“. Inzwischen war P. Dunod nach Holland gereist, mit der festen Absicht, den Mann, der sich hinter dem Namen Brechthal verbarg, kennen zu lernen, ihn gegebenenfalls festzunehmen und seine Korrespondenz zu beschlag­nahmen 89). Dazu brauchte er die Hilfe des kaiserlichen Residenten in Den Haag Kramprich 90), der ihm einen Haftbefehl von den Amsterdamer Behörden verschaffen sollte. Dunod ging sehr vorsichtig zu Werke. Er wollte die Namen der zu verhaftenden Personen sogar vor Kramprich geheim­halten, sich selbst legte er den Decknamen Mr. Francois Perrin zu und erbat sich vom Kaiser ein auf diesen Namen lautendes Empfehlungs- und Beglaubigungsschreiben, das ihm bei Krampich Eingang verschaffen solllte91). Die Verhaftung Brechthals und voraussichtlich auch seiner Hel­fer-Erzbischof Waldstein vermutete, es handle sich nicht um einen Mann, sondern um mehrere 92) — stellte für P. Dunod nur die ultima ratio dar. Seine Absicht ging vor allem dahin, von Brechthal auf gütlichem Wege die Auslieferung der angeblichen Beweisstücke zu erreichen. Belohnung hatte Brechthal nur dann zu erwarten, wenn er Originale bieten konnte. Die Feststellung der Identität Brechthals und seiner Helfershelfer erachtete P. Dunod für ebenso wichtig wie in den Besitz der Papiere Brechthals, sei es auf gütlichem Wege, sei es gewaltsam, zu gelangen. Dunod beurteilte die ganze Angelegenheit pessimistischer als Abele und Waldstein. Er vermutete hinter Brechthal einen Auftraggeber, der Brechthal und seine Helfer bereits getötet habe oder sie noch töten werde. Für den Kaiser bestünde noch immer Gefahr, denn auch an seinem Hofe befinde sich ein Abgrund der Bosheit, der den Untergang des ganzen Hauses Österreich wünsche und Frankreich strebe seinerseits darnach, das Haus Österreich vollkommen zu verderben. Der Reise des P. Dunod nach Amsterdam war kein großer Erfolg be- sehieden. Brechthal, der noch Ende November vom Erzbischof Reisegeld für seine neuerlich unmittelbar bevorstehende Reise nach Prag in Form 89) 1683 November 3. P. Antidius Dunod SJ an Kaiser Leopold I. (ebenda, eigenhändig). 90) Daniel Johannes Kramprich von Kronenfeld, lie, juris, dänischer Rat von Haus aus, später kaiserlicher Rat, diplomatischer Vertreter des Kaisers bei ver­schiedenen Reichsständen und bei den Vereinigten Niederlanden (1667—93). Vgl. Bittner-Groß, Repertorium 1, 108, 122, 131, 153, 160, 176, 456, 542. Spiegel, Fürstenberg, S. 40 Anm. 9. Heinrich v. Srbik, Österreichische Staatsverträge. Niederlande, Veröff. K. N. Gesch. Österr. 10 (1912) 33, 36 f. 91) Vgl. Anm. 89. ") 1683 November 3. Erzbischof Johann Friedrich von Prag an Kaiser Leopold I. (Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Familienakten Kart. 110. Eigenhändig). Mitteilungen, Band 17/18 2

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