Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

RAUCHENSTEINER, Manfried: Das sechste österreichische Armeekorps im Krieg 1809. Nach den Aufzeichnungen des FZM Johann Freiherr von Hiller (1748–1819)

Das sechste österr. Armeekorps im Krieg 1809. Nach den Aufzeichnungen des FZM Johann Freiherr v. Hiller (1748—1819). Von Manfried Rauchensteiner (Wien). Um auf die Dauer der Anonymität zu entrinnen, bedarf es viel: ent­weder außergewöhnlicher Leistungen oder bedeutender Unfähigkeit. Johann v. Hiller hatte eine Sternstunde, die ihn davor bewahrte, in der Mittelmäßigkeit unterzugehen und diese Sternstunde schlug, als er im Jahre 1809 bei Regensburg mit drei Armeekorps vom Heer des Erzherzogs Carl getrennt wurde und seine eigene Tüchtigkeit unter Beweis stellen mußte. Dieses „unglückliche Ereignis“ sollte den Höhepunkt seiner militärischen Laufbahn herbeiführen. Begonnen hatte diese Laufbahn im Bayrischen Erbfolgekrieg 1763. setzte sich über die Türkenkriege 1788—91 fort und erhielt ihre Ausprägung in den Kriegen gegen Frankreich und Napoleon, an denen Hiller samt und sonders teilnahm. Bis zum Jahr 1805 hatten seine militärischen Fähigkeiten, sowie sein klug und sehr laut geäu­ßerter Ehrgeiz seinen Aufstieg zum Feldmarschalleutnant zuwege ge­bracht. Und mit diesem Rang und dem 6. Armeekorps ausgestattet, ging Hiller in den Krieg von 1809. — Nach Abschluß dieses Feldzuges, der ihm zwar den Dienstgrad eines Feldzeugmeisters und das Kommandeurkreuz des Maria Theresien-Ordens einbrachte, im übrigen aber nicht seinen per­sönlichen Erwartungen entsprochen hatte, machte er sich auf Geheiß des Kaisers daran, eine Geschichte des 6. Armeekorps in diesem Krieg zu verfassen. Recht freimütig legt Hiller dar, was besser hätte gemacht wer­den sollen, und man kann bei einer ganzen Reihe von Vorwürfen, die der FZM gegen die Art der Führung dieses Krieges erhob, ihm die Berech­tigung zu der Polemik nicht absprechen. Seine Vorschläge, die meist un- gehört verhallten, eröffnen teilweise neue Aspekte, deren militärische Durchführbarkeit zumindest in Betracht gezogen werden müßte. Wie zwiespältig Hillers Rolle während des ganzen Feldzugs war, geht aus zwei Beurteilungen Erzherzog Carls hervor. „Hiller“, schreibt er in seinen Ausgewählten Schriften1), „war zwar ein fähiger Mann, jedoch von einem unbegrenzten Ehrgeiz, zu dessen Befriedigung er Nebenwege nicht scheute . . . Nachdem er (1809) einmal nicht mehr unter der unmit­1) Erzherzog Carl, Ausgewählte Schriften, Bd. 6, Wien, Leipzig 1894, S. 336. 10*

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