Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
WALDSTEIN-WARTENBERG, Berthold: Österreichisches Adelsrecht 1804–1918
146 Berthold Waldstein-Wartenberg vielmehr wurde die Kammerprokuratur verpflichtet, dafür zu sorgen, daß Vergehen der Adelsanmaßung rechtzeitig zur Anzeige gebracht würden 201). In dem am 2. November 1827 erlassenen Hofkanzleidekret2®2) wird bestimmt, daß derjenige, der sich „adelige Titel oder Wappen beilegt, ohne den Adel überhaupt oder denjenigen Grad des Adels, dessen er sich anmaßt, wirklich erlangt zu haben“ mit einer Geldstrafe von 20—100 fl oder 3—14 Tagen Arrest bestraft, im Wiederholungsfall mit 100—1.000 fl oder 2—6 Wochen Arrest bestraft wird (§ 1). Politische und Justizbehörden haben von jeder ihnen bekannt gewordenen Adelsanmaßung die Kammerprokuratur zu verständigen, die wiederum die Anzeige an die Landesstelle mit dem gleichzeitigen Antrag auf Bestrafung weiterzuleiten hat (§ 2). Innerhalb sechs Wochen kann der Betroffene bei der Hofkanzlei Berufung einlegen (§ 3). Das Urteil wird von der Landesstelle gefällt, doch hat diese im Nichteinbringungsfall das Gericht um Exekution zu ersuchen (§ 4). Im Dekret wird nicht taxativ aufgezählt, was alles unter den Begriff „Adelsanmaßung“ fällt. Im Entwurf war allerdings noch festgehalten worden, es könne nur derjenige einer Adelsanmaßung beschuldigt werden, „der sich adelige Titel und Wappen unbefugterweise, vorzüglich bei Urkunden, Briefen, Bittschriften, auf Grabsteinen oder anderen Denkmälern, bei Leichen (begängnissen), Verzierungen der Gebäude oder Wägen, auf Zuschriften und in öffentlichen Ankündigungen beilegt“. Nicht anwendbar war das Gesetz in solchen Fällen, wo Personen unrechtmäßige Titel anderen zulegten, da bei ihnen kein böser Vorsatz angenommen werden konnte 203). Darüber hinaus wurde von der Praxis als Anmaßung angesehen: Übersetzung des italienischen Conte-Titels 204), Führung von Wappensiegeln, deren wesentliches Merkmal Schild und Helm ist und daher nur von Adeligen geführt werden durfte 205), und wenn sich Ordensinhaber als Ritter bezeichneten, ohne Zusatz, der die Zugehörigkeit zu dem betreffenden Orden erkennen ließ 206). 201) 34.153/1826—23. 202) Gesetze und Verordnungen 55. Bd. S. 189. 203) 34.153/1826—23. a«4) 18.914/1837-23. 205) 33.320/1823—23. 20°) 18.914/1837—23.