Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

WALDSTEIN-WARTENBERG, Berthold: Österreichisches Adelsrecht 1804–1918

142 Berthold Waldstein-Wartenberg die Hofkanzlei lange ablehnend, bis sie sich 1830 dennoch entschloß, für die Lombardei eine Sonderregelung zuzulassen181). 8. Familien-Fideikommisse, die ursprünglich nur der Adel errichten durfte, waren nach dem Jahre 1848 nicht ausdrücklich ihm Vorbehalten, doch praktisch nur in adeligem Besitz. Sie waren ursprünglich Familien­stiftungen mit dem Zweck, die wirtschaftliche Grundlage der Familie zu erhalten, unterlagen aber stets der kaiserlichen Bewilligung für die Grün­dung und Änderung ihrer Statuten. Wegen ihrer juridischen Sonderstel­lung, die sie unveräußerlich machten, wurden vom Staat nur ungern Neu­gründungen zugelassen. Deshalb wurden auch alle Fideikommisse, die von der französischen Regierung während der napoleonischen Kriege in vor­übergehend besetzten Gebieten aufgehoben worden waren, mit Ausnahme der Lombardei182), nicht wieder eingeführt183). Vom Jahre 1871 bis zum Ende der Monarchie wurden nur acht Fideikommisse errichtet, während 17 andere entweder erweitert oder umgewandelt worden waren 184). 9. Die ritterlichen Lehen, die vor dem Jahre 1848 ebenfalls nur adelige Personen erwerben konnten, wurden durch Gesetze, die von 1867 bis 1869 für alle Provinzen erlassen wurden, aufgehoben. Die Patrimonial­gerichtsbarkeit war bereits durch § 1 des Patentes vom 7. September 1848 aufgehoben worden 185 186 ). Von allen diesen Rechten blieb dem Adel nach 1848 nur das Recht auf Führung von Titel und adeligem Wappen. Nur einem geringen Teil des Adels gelang es auch nachher, gewisse öffentliche Rechte für sich zu erhalten. Das waren in erster Linie die erblichen Mitglieder des Reichs­rates, deren Stellung im „Grundgesetz über die Reichsvertretung“ vom 26. Feber 1861 1S6), mit geringfügigen Abänderungen auch noch mit dem Gesetz vom 21. Dezember 1867 187) geregelt waren. Es handelte sich hier­bei um die „großjährigen Häupter jener inländischen, durch ausgedehnten Grundbesitz hervorragender Adelsgeschlechter, denen der Kaiser die erb­liche Reichsratswürde verleiht“. In der Regel waren es die Inhaber der großen Fideikommisse, doch war es allein dem Kaiser Vorbehalten, wen er berief. Wiederholt kam es vor, daß Nachfolger im Fideikommiß nicht oder sehr verspätet in das Herrenhaus berufen wurden 188). Die Ernennung erfolgte auf Antrag des Ministerpräsidenten, der die Zustimmung des 131) 1930/1830 — 12, mit Beschreibung und Abbildung. 182) Verordnung vom 14. 12. 1814 —- Kopie 12. 183) Vgl. E. Mayerhofer: Handbuch d. polit. Verwaltungsdienstes V. Bd. S. 168 Anm. 3 mit den dort zit. Erlässen. 184) F. Lanjus: Die erbliche Reichsratswürde in Österreich, Haindorf 1939, S. 151. 183) Gesetze und Verordnungen 77. Bd. S. 285. 186) RGBl Nr. 20, Beilage I. 187) RGBl Nr. 141 § 3. 188) F. Lanjus: Reichsratswürde S. 62.

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