Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

WALDSTEIN-WARTENBERG, Berthold: Österreichisches Adelsrecht 1804–1918

Österreichs Adelsrecht 1804—1918 143 Ministerrates eingeholt hatte, mittels kaiserlichen Handschreibens 189). Die Mitglieder des Herrenhauses besaßen, ebenso wie die Abgeordneten, Immu­nität, Diäten und die freie Eisenbahnfahrt I. Klasse. Ihre Zahl schwankte zwischen 150 und 170 Mitgliedern. In dieser Zahl sind jedoch auch die bürgerlichen Herrenhausmitglieder enthalten, die als sog. Virilisten vom Kaiser in das Herrenhaus berufen wurden. Auch in den Landtagen, deren Wahlordnungen ebenfalls im Februar­patent geregelt wurden, konnte ein Teil des Adels Hechte für sich in Anspruch nehmen. Die Wähler wurden überall in vier Klassen oder Kurien eingeteilt, wobei die erste Kurie den landtäflichen Besitz umfaßte. Diese Kurie fehlte allerdings in Vorarlberg und war in Dalmatien, wo es kei­nen Großgrundbesitz gab, den Höchstbesteuerten Vorbehalten (§ 3 der Landesordnungen). Der Großgrundbesitz mußte ursprünglich landtäflich sein, nur dort, wo es diese Einrichtung nicht gab, wie in Istrien, Salzburg und Tirol, fehlte dieses Erfordernis. Der Zensus in dieser Kurie schwankte zwischen 50 und 250 fl (§ 9). In Böhmen, Mähren und Schlesien teilten sich die Wähler der Kurie des großen Grundbesitzes in die Wahlkörper des fideikommissarischen Besitzes und den übrigen großen Grundbesitz (§2). Wohl wird nirgends der Adel expressis verbis in einer Kurie zusammen­gefaßt, doch war der herausgehobene Grundbesitz in erster Linie in seiner Hand. Nur Tirol verwendet den Ausdruck „adeligen Grundbesitz“ und der in den böhmischen Ländern eigens betonte fideikommissarische Besitz war ebenso praktisch adelig. Der übrige Großgrundbesitz, auch wenn er ursprünglich in der Landtafel eingetragen war, konnte aber ebensogut in den Händen von Bürgerlichen sein, deren Anteil an ihm bis zum Jahre 1918 ständig wuchs. Als Adelsvorrecht kann demnach die Zusammenfassung einer bestimmten Wählerklasse in der Kurie des großen Grundbesitzes nicht aufgefaßt werden, wenn diese auch zum größten Teil aus Ange­hörigen des Adels bestand. IV. Adelsverlust. 1. Der Verlust des Adels erfolgte beim persönlichen Adel durch den Tod, beim erblichen Adel durch Aussterben der Familie. Aber auch in ersterem Fall durfte nach § 92 des AbGB die Witwe auf die Dauer der Witwenschaft den Adel weiterführen, auch wenn sie diesen erst durch die Vermählung erhielt. Vermählte sie sich neuerdings, so verlor sie den Adelstitel ihres ersten Mannes. Das gleiche galt auch für eine adelig geborene Frau, die sich mit einem Bürgerlichen vermählte190). Durch Nichtverwendung des Adels trat kein Adelsverlust ein, auch wenn er, wie dies in früheren Jahrhunderten häufig geschah, auch durch mehrere Gene­rationen nicht geführt wurde. Für den Verzicht auf den Adel, der auch * 19 189) Ebda S. 51. 19°) 12.146/1826—7.

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