Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

WALDSTEIN-WARTENBERG, Berthold: Österreichisches Adelsrecht 1804–1918

Österreichs Adelsrecht 1804—1918 141 mit dieser Angelegenheit befaßten Ministerien einig, hier keine Aus­nahmestellung zuzulassen 178). 5. Die Fähigkeit, gewisse Stiftsplätze zu erwerben. Hier handelte es sich aber nicht um ein öffentliches Recht, sondern um die Möglichkeit, in den Genuß einer Stiftung zu gelangen, die der Stifter einem bestimm­ten, von ihm vorgeschriebenen Personenkreis Vorbehalten hatte. Die Ein­haltung der vom Stifter aufgestellten Regeln wurde wohl von der Hof­kanzlei, später vom Ministerium des Inneren überwacht, doch gab es neben den verschiedenen adeligen Stiftungen auch solche für die verschieden­sten Berufsgruppen des Bürgerstandes, weshalb hier nicht von einem ade­ligen Vorrecht im eigentlichen Sinn gesprochen werden kann. 6. Die Fähigkeit, gewisse Hofwürden und kaiserliche Orden zu erwer­ben. Dazu gehörte die Kämmererwürde, für die acht väterliche und acht mütterliche adelige Ahnen erforderlich waren und die Truchseßwürde, für die nur der Adel des Bewerbers nachgewiesen werden mußte. Ebenso wurde der Stephansorden in der Regel nur an adelige Personen, das Gol­dene Vließ nur dem hohen Adel verliehen. Auch für den Sternkreuzorden war eine adelige Probe sowohl für die Bewerberin als auch ihres Gatten erforderlich. 7. In den Ländern, in denen eine ständische Verfassung bestand (sie fehlte in Dalmatien, Küstenland und der Lombardei) bestand vom Ritter­stand aufwärts die Befähigung zum Inkolat, das teils vom Kaiser (z. B. Böhmen, später auch Galizien), teils von den Ständen (z. B. Steiermark) verliehen wurde. Mit dem Erwerb des Inkolates war nicht nur Sitz und Stimme im betreffenden Landtag verbunden, sondern auch die Landtafel­fähigkeit, d. h. das Recht, bestimmte, steuerbegünstigte Güter, die in der Landtafel eingetragen waren, zu erwerben. Diese Beschränkung wurde ebenfalls in der Verfassung vom 25. April 1848 (§ 24) aufgehoben179), welche Bestimmung dann in allen späteren Verfassungsgesetzen wieder­holt wurde. Mit der Mitgliedschaft zu den Ständen war auch das Recht zum Tra­gen einer bestimmten Uniform verbunden. Sie kam nach 1848 außer Übung, doch erhielt sich in Tirol ein Relikt im Abzeichen der Adelsmatri­kel, das als Vereinsabzeichen weitergetragen wurde. Auch in der Lom­bardei, wo es keine ständische Verfassung gab, wurde dem Adel nach längerem Zögern das Tragen einer Uniform bewilligt. Der hier früher übliche Staatsrock, der sog. abito di spada, war schon längst aus der Übung gekommen, weshalb es der Adel unterließ, bei Hof zu erscheinen, da er sich nicht dem Spott aussetzen wollte 180). Da in der übrigen Monar­chie für den Adel keine eigene Uniform vorgesehen war, verhielt sich 178) Ausführlich R. M. Steinbauer: Die Stellung des Reichsadels S. 53—57. 179) Gesetze und Verordnungen 77. Bd. S. 151. is») 100 ex Juli 1825—12.

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