Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

WALDSTEIN-WARTENBERG, Berthold: Österreichisches Adelsrecht 1804–1918

Österreichs Adelsrecht 1804—1918 137 Turnierhelm geziert weden. Dieser war nach rechts zu wenden. Der Ritter­stand erhielt zwei gegeneinander gerichtete Helme. Der Freiherrnstand sollte an einer 5-Perlen-Krone erkennbar sein und durften ihm drei Helme bewilligt werden. Da aber vor allem in Deutschland die Freiherrn miß­bräuchlich eine 7-Perlen-Krone führten, wurde 1862 mittels Präsidial­erinnerung auch in Österreich dieser Brauch gestattet, der in der Praxis schon längst geübt wurde153). Die 9-Perlenkrone war dem Grafenstand Vorbehalten. Schildhalter ständen ursprünglich nur den regierenden Fürstenhäusern und alten Grafenhäusern zu und sollten diese nur ganz ausnahmsweise auch Freiherrn verliehen werden. Aber gerade diese Vorschrift wurde nie eingehalten und selbst Ritter erhielten Wappen mit Schildhalter 154). Aller­dings galt bis zur zweiten Hälfte des 19. Jhd. die Regel, daß diese Wappen­zier nur vom Freiherrn aufwärts verliehen werden sollte 155). Panier und Fahne erhielten nur sehr verdienstvolle Personen verliehen 156). Auch bei der Verwendung des Fürstenmantels, der dem Fürstenstand Vorbehalten bleiben sollte, gab es Ausnahmen. Es gab gräfliche Familien, deren Primogenitus allerdings Fürst war (Palfy), aber auch einfache Grafenfamilien (Waldstein, Blanckenstein), die ihn verliehen erhielten. Allerdings war er bei diesen nicht mit einem Fürstenhut geziert, doch gab es wiederum eine freiherrliche Familie (Degracia) 157), die ihn als Helmkleinod, jedoch ohne Mantel führte. Die heraldische Wissenschaft entwarf Kronen verschiedenster Art, wie für den einfachen Adel, Ritter, Marchese und Grafenstand mit dem Titel „Erlaucht“ (sog. Erlaucht-Krone), die in zahlreichen Handbüchern auch veröffentlicht wurden, doch war ihre Verwendung mit keiner Vorschrift geregelt158). Verliehen wurden sie nie, doch wurden sie privat häufig verwendet. Der völligen Willkür und dem oft sehr zweifelhaften Geschmack der Bewerber war die Verwendung der Wappenfiguren überlassen. Allerdings war die Verleihung von Schwert und Helm an Zivilpersonen nicht ge­stattet 159). Inhaber von Orden, die mit dem Adelserwerb verbunden waren, konnten die Insignien ihres Ordens im Wappen führen16»), nicht aber ihre Nachkommen, weshalb sie auch nicht im Diplom aufgenommen wurde161). Ebenfalls nicht begehrt durften Wappen schon bestehender Adelsfamilien und Wappenfiguren, die der Landesfürst führte. Der Kaiser konnte jedoch 153) 24.244/1862—35. 154) Vgl. Diplom Josef Ritter von Joelson 1862. 155) 217/1874—35. 156) 9.406/1817—35. 187) Sie übernahmen ihn von der poln. Familie Woronicka. 158) 54/1877—35. 159) 28.920/1836—35. 166) 29.464/1837—35. 161) 23.077/1850—35.

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