Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)

WALDSTEIN-WARTENBERG, Berthold: Österreichisches Adelsrecht 1804–1918

Österreichs Adelsrecht 1804—1918 119 Das Gubernium von Venedig unterließ keinen Versuch, dem Patrizier­adel zu einer Standeserhöhung zu verhelfen. Zunächst wurde vorgeschlagen, diesen Adel in einer zukünftigen ständischen Verfassung dem Herren­stand vorzubehalten, doch wollte man davon in Wien nichts wissen47). Als mehrere Familien von dem ihnen zustehenden Recht einer persön­lichen Standeserhöhung Gebrauch machten, wurden ihre Gesuche vom Gubernium auf das wärmste befürwortet. Auch die Hofkanzlei schloß sich an, empfahl aber gleichzeitig dem Kaiser den zu verleihenden Adels­grad, abgesehen vom Alter und den Verdiensten der Familie dem jeweili­gen Vermögen anzupassen. Sie verwies dabei auf ein Gesetz der ehe­maligen französischen Regierung von 1808, wonach für den Fürstenstand ein Mindestvermögen von 200.000 fl, Grafenstand 30.000 fl, Freiherrn­stand 15.000 fl und Ritterstand 3.000 fl notwendig war. Nach diesen Grundsätzen sollten auch in Zukunft österreichische Adelsgrade verliehen werden 4S). Obwohl Patrizier und Adel der Terra ferma gleichgestellt worden waren, versuchte das Gubernium von Venedig ersteren Stand dennoch ge­schlossen zu erhalten und erkundigte sich in Wien, was mit denjenigen Personen zu geschehen habe, die nach der Auflösung der Republik eine den alten Gesetzen entsprechende Mißheirat gemacht hatten und dadurch nicht mehr in den libro d’oro eingetragen werden konnten. Man entschied sich, daß alle Personen, deren Familien bereits eingetragen waren, weiter­hin als Patrizier gelten sollten. Das gleiche galt für die Söhne, deren ver­storbene Väter sich noch hatten eintragen lassen. War eine Ehe vor 1798 abgeschlossen und vom Senat nicht anerkannt worden, so galten die Nach­kommen als bürgerlich, die wohl um den Adel nachsuchen konnten, eine gewöhnliche Bestätigung aber nicht erhielten* 49). Das Gubernium verstand diese Entscheidung jedoch falsch und begann alle Ehen, die zwischen 1798 und 1815 geschlossen worden waren, gemäß den alten Bestimmungen zu überprüfen. Da dieses Vorgehen jedoch der Gleichstellung des Adels der Stadt und der Terra ferma widersprach, er­folgte am 2. November 1820 eine neuerliche kaiserliche Entschließung, wonach für Adelsbestätigungen nur die Eintragung im libro d’oro maß­gebend sei. Im Gutachten war festgestellt worden, daß der Patrizierstand aufgehört hatte zu existieren und die Ebenbürtigkeit nur für die Zuge­hörigkeit zu diesem, nicht aber zum Adel als solchem maßgebend sei50). Die versuchte Bevorzugung des Patrizierstandes durch das Gubernium beunruhigte den Adel der Terra ferma, der sich auch gegenüber dem mailändischen und mantuaner Adel zurückgesetzt fühlte. Auf Grund eines Berichtes des Gouverneurs von Venedig, der allerdings auch den Conte­47) 186 ex November 1815—13. 49) 179 ex März 1818—13. «) 1.087/1820—13. 5») 33.820/1820 — 13.

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