Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 17/18. (1964/65)
WALDSTEIN-WARTENBERG, Berthold: Österreichisches Adelsrecht 1804–1918
Österreichisches Adelsrecht 1804—1918. Von Berthold Waldstein-Wartenberg (Wien). Der Adel der österreichischen Monarchie setzte sich entsprechend der zahlreichen Völker und historischen Staatsgebilde, die nach 1804 das Kaisertum Österreich bildeten, aus den verschiedensten Elementen zusammen. Die unterschiedliche Herkunft machte auch differenzierte Standesbegriffe notwendig, die zu vereinheitlichen sich die seit Josef II. zentralistische Regierung bemühte. Neben dem Adel der einzelnen Kronländer gab es noch den Reichsadel, der mit Ausnahme von Ungarn in allen Ländern vorhanden war. Die Bemühungen zur Schaffung eines einheitlichen Adelsrechtes sollen hier dargestellt werden, wobei jedoch nur die cisleithanische Reichshälfte, d. h. die nach 1867 im „Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder“ mit Einschluß der Lombardei behandelt werden sollen, da für die ungarische Reichshälfte archivalische Forschungen in Budapest notwendig wären ')• I. Zusammensetzung des Adels. Mit der Gründung des Kaisertums Österreich im Jahre 1804 gab es in Österreich nicht nur einen Reichsadel, der noch bis zum Jahre 1806 bestand, sondern auch einen erbländischen Adel der einzelnen Königreiche und Länder. Von letzterem war der Adel Österreichs und Böhmens seit der Verlegung der böhmischen Hofkanzlei nach Wien mehr oder weniger vereinigt und bildete die Grundlage für die Regelung der adelsrechtlichen Verhältnisse der später erworbenen Provinzen. 1. Reichsadel* 2). Nach einem Vertrag, der 1773 zwischen der Reichskanzlei und der Vereinigten Österr.-Böhmischen Hofkanzlei abgeschlossen worden war, konnten österreichische Untertanen entweder bei der Hofkanzlei oder der Reichskanzlei um eine Standeserhöhung ansuchen. Handelte es sich um österreichische Staatsangehörige, so mußte die Reichskanzlei vorher ein Gutachten von der Hofkanzlei einholen, wozu auch diese >) An Vorarbeiten zu diesem Thema sind bisher erschienen: Der Abschnitt über den Adel in E. Mayerhofers Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst, 5. Bd., Wien 1901 S. 114—154; R. Granichstaedten-Czerva: Altösterr. Adels- und Wappenrecht, in Monatsblatt Adler NF 1. Bd. 1947 S. 49—58. 2) Vgl. für das folgende Rosa Maria Steinbauer: Die Stellung des reichsständischen hohen Adels in Österreich nach 1806, in Jb. der heraldisch genealogischen Gesellschaft Adler 3. F. 3. Bd. 1954 S. 44—62, die in erster Linie Akten des Haus- Hof- und Staatsarchives benützte.