Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
RILL, Gerhard: Jacobus Palaeologus (ca. 1520–1585). Ein Antitrinitarier als Schützling der Habsburger
86 Gerhard Rill jetzt auch Traktate gegen das Judentum288). Filippo Neri, der sich weiterhin um den Eingekerkerten bemühte, ohne allerdings an einen wirklichen Bekehrungserfolg zu glauben, versorgte seinen Schützling mit geeigneter Lektüre, den Viten des Giovanni Colombini und des Jacopone da Todi 289). Bei alledem war es den besser Unterrichteten von vorneherein klar, daß man, sobald der Delinquent das ihm zugedachte Pensum erledigt habe, in aller Stille zur Exekution schreiten würde 290). Es ist daher wohl kein Zufall, daß der angeblich rückfällig gewordene Häretiker291) gerade am 22. März 1585, — an dem Tage, an dem sich ganz Rom auf den Einzug einer japanischen Gesandtschaft konzentrierte 292), — vom Leben zum Tode gebracht wurde 293). ' Wenn später behauptet wurde, nach der Hinrichtung des Palaeolo- gus hätte sich dessen zahlreiche Anhängerschaft in alle Winde zerstreut 294), dann dürften dieser Annahme falsche Voraussetzungen zugrunde liegen. Der Umhergetriebene hatte, wie er selbst urteilte, in Italia in continuis insidiarum concertaminibus, in Gallia extorris, in Bohemia aegenus, in Germania in gravi exilio gelebt 295) ; und das Itinerar seiner letzten Jahre in Freiheit (soweit es uns bekannt ist) läßt ähnliche Unruhe und Bedrängnis vermuten. Hat er es trotzdem jemals zu einer nennenswerten, ihm persönlich ergebenen Anhängerschaft gebracht? Man erwartete und fürchtete ihr Auftreten, als man ihn zum letzten Male nach Rom holte, und man glaubte dann auch an eine Resonanz seines Unterganges an den Stätten seines Wirkens. In Wirklichkeit jedoch scheint bereits vier Jahre vor seinem Tod seine Katastrophe als unabwendbar hingenommen worden zu sein, — und selbst für diese passive Anteilnahme können keine anderen Quellen geltend gemacht werden als die resignierenden Betrachtungen seines einstigen Gastgebers und Freundes Dudith. 288) Außer Raemundus, Bertolotti und Pastor 11. cc. besonders RBV fol. 116v—117; RFB fol. 119 = RC fol. 35—36. — Über die Judenfreundlichkeit der Antitrinitarier besonders G 6 r s k i, Grzegorz Pawel 226; Williams, The Radical Reformation 834 f. 289) Capecelatro, Filippo Neri 2, 180 f. 290) ... si trattenerä un pezzo per farlo ricantare et poi lo faranno morire forse secretamente ... ; Bericht Odescalchi’s an den Herzog von Mantua vom 20. Februar 1583 bei Bertolotti, Martiri 71; ähnlich RFB fol. 119v = RC fol. 36. 291) Von einem Rückfall berichten Raemundus, Capecelatro und P a s t o r 11. cc.; in gleichem Sinne Bericht des Veit von Dornberg an Erzherzog Ferdinand vom 23. März 1585: Landesregierungsarchiv Innsbruck, Ferd. 6 fol. 1215 V. 2°2) Pastor, Päpste 9, 718. 293) über sein Ende außer der angeführten Literatur auch L. Amabile. II S. Officio della Inquisizione in Napoli 2, Cittä di Castello 1892, 18. 294) RFB fol. 119v = RC fol. 36v. 295) Px fol. 94v.