Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

KANN, Robert A.: Joseph Maria Baernreithers und Graf Ottokar Czernins fragmentarische Darstellung der Sixtus-Affaire. Auf Grund der Aufzeichnungen und Dokumente im Baernreitherschen Nachlaß

422 Robert A. Kann Penfield bezieht24 25). Am 7. III. 1917 berichtet er, Czernin trete eifrig für ein Oktroi in der böhmischen Frage ein. „Sein Refrain ist: die Tschechen werden so wie so schreien, also gleich, ob ihnen mehr oder weniger angetan wird. ...“ während der Kaiser, laut einer Eintragung vom 10. III. 1917, vor dem Oktroi zurückscheue. Am 12. III. 1917 folgt dann wieder eine inter­essante Wertung Czernins, die einer langen Unterredung mit diesem folgt. „Er ist ein feiner Kopf und geht rücksichtslos auf sein Ziel los. Als er von seiner Tätigkeit, — und seinen Methoden und den Mitteln sprach, er­innerte er mich und erinnert mich schon lange an die Schilderungen, die ich vielfach von Felix Schwarzenberg gelesen habe. Jedenfalls hat er dieselbe Menschenverachtung u. die oft verhängnisvolle Unterschätzung (mit Bleistift eingefügt „das überspannte Selbstgefühl“) und die Miß­achtung aller Details, die sich auf die innere Politik beziehen. Nicht, wie es scheint, was die äußere Politik betrifft, von der er wiederholt sagt, daß sie mit großer (ein Wort unleserlich) Vorsicht behandelt werden müsse. Auch ist er ein großer Arbeiter, was ich von ihm eigentlich nicht erwar­tet habe. ...2ä). In einer Audienz Baernreithers beim Kaiser, die zwischen dem 19. und 24. April anzunehmen ist, spricht sich der Kaiser dahin aus: „Jedes Mittel den Frieden zu bekommen müsse man versuchen! Er ist voll der heftigsten Friedenssehnsucht. Hinsichtlich der Oktroi Frage erwiderte er sehr ernst vor sich hin ,das will ich auch nicht, das werde ich auch nicht1, aber wie einer, der unter der Furcht ist, dazu vielleicht gezwungen zu werden26).“ Am 30. Mai 1917 klagt dann Baernreither wieder über die sprung­hafte Durchführung von Czernins Politik, obwohl er sie im grundsätz­lichen bejaht, ein Urteil, dem nach Baernreither auch der Minister­präsident Graf Clam-Martinic zustimmt. Er berichtet dann über eine Unter­redung mit Czernin am 24. Juni, wonach dieser — mit Recht — Amerikas militärisches Eingreifen im kommenden Frühjahr fürchte. Hiezu bemerkt Baernreither: „Sein Pessimismus ist höchst gefährlich. Der Kaiser soll endlich ge­sagt haben: so pessimistisch wie der Czernin bin ich nicht.“ Bemerkenswert ist die weitere Eintragung Baernreithers. „Separat­frieden-Gedanken ... Sprach davon mit Czernin, der darauf einging . . . ,Ich kann in 8 Tagen Frieden mit England haben'“. ... Der Widerspruch dieser Bemerkung mit dem vorzitierten Pessimismus Czernins ist nicht aufgeklärt27). Jedenfalls scheint der Kaiser nach der Auffassung Baern­S4) Fasz. VII, Bd. XVII. 25) Ibid., u. im folgenden bezieht sich der Sperrdruck auf Unterstreichungen Baernreithers. 26) Ibid. Diese Unterredung fand etwa einen Monat nach Abfassung des ersten Sixtusbriefes statt. 27) Ibid., Bd. XVIII.

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