Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
KANN, Robert A.: Joseph Maria Baernreithers und Graf Ottokar Czernins fragmentarische Darstellung der Sixtus-Affaire. Auf Grund der Aufzeichnungen und Dokumente im Baernreitherschen Nachlaß
J. M. Baernreithers und Graf O. Czernins Darstellung der Sixtus-Affaire 415 Gruppen aktiv zu fördern 4). Wie Edward Benes — der es wissen mußte — bemerkte: „Für die österreichisch-ungarische Politik konnte kein unglückseligeres Ereignis eintreten, als der Konflikt Clémenceau-Czernin 5). Die Sixtusaffäre im engeren Sinne ist im historischen Schrifttum vielfach dargestellt worden. Sie rangiert von den Partisanendarstellungen des späteren kaiserlichen Privatsekretärs Karl von Werkmann und des Kabinettsdirektors Grafen Polzer-Hoditz bis zu der deutschnationalen Studie Richard Festers und der nationalsozialistischen Gottfried Zarnows. Dazwischen liegen etwa die Arbeiten Glaise-Horstenaus und Karl Friedrich Nowaks 6). Nicht zu vergessen sind auch die mannigfachen zeitgenössischen Erinnerungen und Aufzeichnungen, welche den Eindruck der Enthüllung der Affäre auf die Mitwelt zum Gegenstand haben und in dieser Hinsicht gewiß Bemerkenswertes aussagen, darum aber noch nicht als Primärquellen anzusehen sind, die über die Angelegenheit selbst unmittelbar informiert sind7). 4) In der Studie, The multinational empire, nationalism and national reform in the Habsburg monarchy 1848—1918, New York 1950, Band II, 266—77, habe ich diese weitere Auswirkung der Krise skizziert. In einer binnen kurzem erscheinenden erweiterten deutschen Ausgabe, Das Nationalitätenproblem der Habsburgermonarchie, Graz-Köln, 1964, Bd. II, wird dieser Gedankengang noch näher ausgeführt. Siehe zu diesem Punkte auch V. S. Mamatey, The United States and Eastern Central Europe 1914—1918, Princeton, 1957, 141 ff., 235 ff., 256 ff. 5) E. Benes, Der Aufstand der Nationen, Berlin 1928, 424, ferner 260—70, 416—26; siehe auch in gleichem Sinne T. G. Masaryk, Die Weltrevolution, Berlin 1925, 222—27, 278—84. 6) Den kaiserlichen Standpunkt vertreten Graf Arthur Polzer-Hoditz, a. a. O., 320—85, R. Lorenz, Kaiser Karl, Graz, 1959, 319—57 und 451—456, K. v. Werkmann, Deutschland als Verbündeter, Berlin 1931, 205—66. Polzer und Werkmann sind dem Kaiser zweifellos nahegestanden, waren aber weder im Zeitpunkt der Geheimverhandlungen, noch zu dem der Enthüllungen in irgend einer Weise amtlich mit der Frage der geheimen Verhandlungen befaßt. E. v. Glaise-Horstenau, Die Katastrophe, Wien 1929, insbesonders 205—13 bemüht sich zweifellos um eine streng objektive Darstellung, die von seiner späteren politischen Einstellung noch nicht getrübt ist. Siehe auch K. F. Nowak, Der Sturz der Mittelmächte, München 1921, Kapitel II. K. Wortmann, Ottokar Czernin und die Westmächte im Weltkriege, Historische Vierteljahrsschrift, XXIV. Jahrgang, Dresden 1929, 199—252, und Richard Fester, a. a. O., 1925, sind ausgesprochen deutschnational orientiert, beruhen aber auf gründlicher Sachkenntnis. Alle bisher genannten Arbeiten stehen jedenfalls wesentlich höher als Gottfried Zarnows nationalsozialistische Propagandaschrift: Verbündet -----------verraten!, Zürich 1936. V on zwei französischen Darstellungen ist Philip Avignet, La vie du Prince Sixte de Bourbon, Paris 1934, siehe 98—152, eine recht unkritische Verherrlichung des Prinzen, in der Czernin naturgemäß schlecht wegkommt. Gediegener ist die Arbeit von Albert Chatelle, La paix manquée?, Paris 1936, 148—58, die in gleicher Weise kritisch gegenüber Clemenceau und Czernin ist. Doch steht die objektive, wenn auch nicht subjektive Unrichtigkeit der öffentlichen Erklärungen Czernins im April 1918, die hier stark herausgestellt wird, ja außer Streit. “) Hier wären etwa die dem kaiserlichen Standpunkt entgegengesetzten