Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

PÁSZTOR, Lajos: Die ungarischen Katholiken und der Erste Weltkrieg

406 Lajos Pásztor durch und verbittert seine Reden und Schriften. Er protestiert: „Wie sehr einer sein Vaterland und seinen König liebt, so kann er doch die Schrecken der Schlachtfelder nicht gutheißen und noch weniger kann er Gott und die Vorsehung mit all den Leiden und Verlusten in Verbindung bringen, die der Kampf und das Elend der Völker uns verursachen“ 47). Er ist nicht imstande, sich darin zu ergeben. „Wir ertragen alles, aber wir leiden in unserm Herzen, weinend über diese bittere Erfahrung. Nie haben wir es so tief gefühlt, daß all dieser Kampf nicht Selbstzweck sein kann, daß all diese Opfer und Bitterkeiten nur Sinn haben, wenn sie zu einem höheren Gut führen, zum Frieden“ 48). Er ist nicht nur durch äußere Verhältnisse genötigt, häufig über den Krieg zu sprechen und zu schreiben, sondern auch durch innere Antriebe. Wir haben so Gelegenheit, den langsamen Wandel seiner Gedanken zu verfolgen. Wir bemerken, wie der Begriff eines gerechten Krieges, an welchem teilzunehmen Pflicht ist, allmählich in den Hintergrund seiner Ideenwelt gedrängt wird und wir sehen, wie er dem immer furchtbareren Dilemma des Zwiespalts zwischen dem christlichenGeist und dem Krieg einen Platz einräumt. Prohászka hat nicht die Ermutigung zur Fortsetzung des Krieges als sein Programm erwählt, sondern die Vorbereitung auf den Frieden. Er war nicht von Gleichgültig­keit gegen das Schicksal des Vaterlandes geleitet: er erkannte noch immer, daß unter den gegebenen Umständen der Krieg nicht umgangen werden konnte, und die Ungarn ihren kriegerischen Pflichten nachkommen mußten; aber die Siege befriedigten ihn keineswegs, noch weniger begeisterten sie ihn. Sein Ideal war nicht der Kriegsheld, sondern derjenige, welcher wirksam zum Sieg des christlichen Friedens beitrug47 48 49). Er erkannte, daß im Zusammenhang mit dem Krieg auch positive Werte ans Licht kommen konnten. Er behauptete aber entschieden, daß man den Krieg an und für sich nicht als Förderer der Religiosität und der Moral des Menschen an- sehen könne“ 50). „Viele glauben“, schrieb er, „an die moralisch guten Folgen des Krieges, indem sie in ihm Antriebe zur Religiosität entdecken, zum innern Leben, zum Opfersinn und Heroismus, zur Behauptung der eigenen Persönlichkeit, zu ritterlichen Gefühlen, zur Volks- und Vater­landsliebe, zu Barmherzigkeit und Mitleid. Gewiß kann die Seele diese Antriebe durch den Krieg empfangen. Aber er gehört zur Gattung der Gewalttätigkeiten, .... erzeugt also keine moralischen Werte ___Er ist g anz von Unmenschlichkeit erfüllt, von Schmutz, Entartung und Grausam­47) Bd. I, S. 269 (1915). 48) Ebenda; vgl. ebenda, S. 282 (1915). 49) Bd. XXIII, S. 271, (4. Oktober 1914), 282 (30. März 1915); vgl. Bd. I, S. 293—294 (März 1916); Bd. XXII, S. 127—129 (1915). Trotzdem hat Pro­hászka nie denjenigen seine Anerkennung verweigert, die ihre Kriegspflichten erfüllt hatten, vgl. z. B. Bd. IV, S. 187—195, 251 (1918); Bd. XXIII, S. 295 (11. November 1915); Bd. I, S. 292 (Februar 1916). so) Bd. XXV, S. 206 (1916); vgl. 258 (1915).

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