Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

PÁSZTOR, Lajos: Die ungarischen Katholiken und der Erste Weltkrieg

Die ungarischen Katholiken und der Erste Weltkrieg 395 liken im öffentlichen Leben ziehen. „Bisher“, schrieb er, „ist es nicht ge­lungen, eine katholische Bewegung zu schaffen, weder auf nationaler, d. h. politischer, noch auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene. Viele, ja die große Mehrheit, haben sich, ohne die katholische Basis zu verleugnen, in andere politische Parteien eingeschrieben, während die katholische Idee nicht imstande war, Harmonie und eine solide Einheit unter den ver­schiedenen wirtschaftlichen und sozialen Interessen zu schaffen.“ 5) Es ist daher eine sehr verwickelte und schwierige Aufgabe, die Stellung der ungarischen Katholiken hinsichtlich des Problems des Ersten Weltkrie­ges (und überhaupt jeglichen Problems) zu prüfen und zu erläu­tern — nicht zuletzt weil entsprechende ernste und unparteiische Studien fehlen6). Die vollständige und erschöpfende Darlegung dieses Themas verlangt daher ganz neue Untersuchungen, eine genaue Prüfung von Quellen verschiedenster Natur — (Parlamentsakten. Hir­tenbriefe der Bischöfe, Korrespondenzen und Erinnerungsschriften, Zei­tungen, Zeitschriften und andere Veröffentlichungen der Epoche) —, die aus Gründen höherer Gewalt mir nicht in solchem Maße möglich waren, als ich es gewünscht hätte. Anstatt also eine Synthese zu bieten, die notwendigerweise lücken­haft und unsicher wäre, habe ich es für angemessener erachtet, nur einige Aspekte der interessanten und verwickelten Frage aufzurollen, indem ich nur die Prämissen vorführe für eine spätere, weitere Rekonstruktion, die ich mir für eine spätere Zeit Vorbehalte. 5) Die Schriften O. Prohászkas wurden von A. Schütz in 25 Bänden publi­ziert. Vgl. O. Prohászka összegyűjtött munkái (Gesammelte Werke), Budapest, 1928—1929. In meinen Zitierungen aus den Werken Prohászkas werde ich mich immer auf diese Ausgabe beziehen, indem ich die Nummer des Bandes, die Seiten und das Datum des Aufsatzes oder der ersten Auflage des Werkes nennen werde. Was die Zersplitterung der Katholiken im öffentlichen Leben anbelangt, vgl. XXII, S. 148 (1917). Es muß betont werden, daß die Situation sich nicht einmal viel änderte nach der Vereinigung der zwei katholischen Parteien, die im Februar 1918 stattfand. Vgl. Gy. Mérei, a. a. O., S. 191; Az 1910. évi junius hó 21-ére hirdetett Országgyűlés Képviselöházának Naplója (Akten des Abgeordnetenhauses des Parlamentes, einberufen zum 21. Juni 1910) Bände I—XL, Budapest, 1910—1918 (von nun an abgekürzt durch K. N.). Bd. XXXVIII, S. 251—252. 6) Das kürzlich in Ungarn herausgegebene Werk von J. Galántai, Egyház és politika, 1890—1918. Katolikus egyházi körök politikai szervezkedései Magyarországon (Kirche und Politik zwischen 1890 und 1918, Politische Organi­sierungen der katholischen kirchlichen Kreise in Ungarn), Budapest 1960, ist nicht imstande, diese Lücke zu füllen. Es handelt sich nämlich um eine Studie, in der der Verfasser, von einem Vorurteil ausgehend, sich in tendenziöser Weise und vom methodischen Standpunkt aus anfechtbar, der Quellen bedient, indem er es unterläßt, verschiedene Texte anzuführen, die seiner These widersprechen könnten und andere nicht in ihrem ganzen Umfang zitiert, sondern nur aus­zugsweise, welche, dem Ganzen entnommen, ihren ursprünglichen Sinn verändern. Übrigens wurde das Werk auch in Ungarn streng beurteilt. Vgl. „Századok“, 95 (1961), S. 219—221.

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