Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

CSÁKY, Móric: Die ungarische Wegtaufenverordnung von 1890. Ein Beitrag zur Geschichte des Kulturkampfes in Ungarn

384 Móric Csáky feststellen können (...) wer diese gewissenlose und übelgesinnte Person war, die auf diese Weise (...) mit einem Schlag allen weiteren Ausgleichs­versuchen ein Ende zu bereiten suchte, damit auf jeden Fall der Zusammen­stoß zwischen Staat und Kirche sicher erfolge“ entrüstet sich Csáky. Der größte Verdacht treffe jene, die zu den Schriften des Primas Zutritt hatten und sich auch bisheran „als solche gezeigt hatten, die auch vor letzten Mitteln nicht zurückschrecken, wenn diese nur ihren unpatriotischen und unchristlichen Absichten dienten. Unter diesen befanden sich damals an erster Stelle der Domherr und Kanzleidirektor Csernoch und der Bischof von Veszprém Baron Karl Hornig“. Ein jeder habe jetzt gespürt, fährt er bitter fort, „je nach seiner persönlichen Einstellung mit Freude oder Ver­druß, daß der Würfel gefallen war“ * 85). Der Primas protestierte zwar heftigst gegen jene Taktlosigkeit des ein­zigen katholischen Tagesblattes seines Landes und verbot es in seinem Palast. Freilich konnte diese wohlgemeinte Keaktion das Geschehene nicht wieder rückgängig machen, ebensowenig wie die Tatsache, daß sich Simor auch weiterhin an das dem Kaiser gemachte Versprechen hielt und auch in der Sitzung des Oberhauses das Wegtaufenproblem nicht zur Sprache ge­bracht wurde 86). Ungeachtet dieser Entwicklung wurde der Plan eines außerordentlichen kaiserlichen Gesandten, der direkt mit dem Vatikan verhandeln sollte, wieder aufgenommen. Franz Josef wollte sich diesmal des Apostolischen ein Nachmittagsblatt war, dürfte Cs. die Nr. vom 17. erst am 18. morgens bekommen haben, und so ist eine Verwechslung des Datums verständlich. 85) Wenn das unter Anm. 82 und 83 Gesagte zutrifft, ist die Ansicht Csákys, daß diejenigen der Verdacht treffe, die zu des Primas Schriften Zutritt hatten, nicht mehr so stichhaltig. Dennoch bleibt die Vermutung über Csernoch bestehen. (Johannes Csernoch, geb. Szakolca 1852, gest. Gran 1927, 1908 Bischof von Csanád, 1911 Erzbischof von Kalocsa, 1912 von Gran, 1914 Kardinal). Er publizierte anonym mehrere Artikel im Magyar Állam und im Vaterland (Wien) gegen die Wegtaufenverordnung. Man klagte ihn deshalb bei Ministerpräsident Szapáry an, der sich vergebens bei Simor darüber beschwerte. (Vgl. A. Lépőid, Csernoch János, in: Magyar Kat. Almanach 2 (Budapest 1928) 442!). Auch Cs. wußte davon. Er schreibt über Csernoch: „(...) jener Herr, den man pan- slawistischer Neigungen verdächtigte — ob zu Recht weiß ich nicht — von dem es sich aber als sicher erwies, daß er den entstandenen Gegensatz mit großer Freude und mit Eifer schürte und Magyar Állam fortwährend mit kämpferischen Anweisungen versah, unter denen auch — dessen bin ich mir völlig sicher, da mir später diese Korrespondenz zum Kauf angeboten wurde und mir dabei auch einige Briefe vorgelesen wurden — solche waren, wie: ‘Der Minister hat zwar gestern den Alten /: Simor: / weich gemacht, aber trotzdem, mutig voran, wir werden die Sache schon wieder schaukeln’ — Salacz, Kultúrharc 97 meint, die Publikation hätte der Sache nicht geschadet, sie hätte vielmehr die bisher unsichere Lage geklärt. Ebenso urteilte schon Keményfy, Ötven év 266. Dies mag in bezug auf den Seelsorgsklerus vielleicht zutreffen. Im ganzen gesehen muß man aber dennoch zugeben, daß sich die Fronten dadurch nur verhärteten. 86) Simor selbst war zur Sitzung am 18. XII. 1890 im Oberhaus nicht er­schienen.

Next

/
Thumbnails
Contents