Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
CSÁKY, Móric: Die ungarische Wegtaufenverordnung von 1890. Ein Beitrag zur Geschichte des Kulturkampfes in Ungarn
Die ungarische Wegtaufenverordnung von 1890 383 Ergebnis der Abstimmung im Kultusbudget am 27. November bestätigten die Richtigkeit seines Vorgehens und flößten ihm neuen Mut ein80). Inzwischen hoffte man noch durch einen persönlichen außerordentlichen Gesandten des Kaisers — Graf Széchen81) oder Bischof Császka — auf Rom einwirken zu können, um so die Differenzen noch auf friedliche Weise beizulegen. Als aber über die Person des Gesandten keine Einigung erzielt werden konnte, andererseits aber bekannt wurde, daß Kardinal Simor bereits für den 16. Dezember 1890 die ungarische Bischofskonferenz einberufen hatte, wollte man wenigstens erreichen, daß die negativen Antworten Roms nicht publiziert würden. Ministerpräsident Szapáry ließ daher den Primas wissen, daß es persönlicher Wunsch des Herrschers sei, die Dekrete nicht zu veröffentlichen. Der kaisertreue Kirchenfürst konnte diesem Wunsche umso leichter entsprechen, als ja auch Rampolla eine Verzögerung der Publikation für möglich bezeichnet hatte82. Während der Konferenz wurden die Bischöfe mit den römischen Verordnungen zwar bekannt gemacht, doch gebot ihnen Simor strengste Geheimhaltung. Darüber konnte er selber am folgenden Tag Csáky Mitteilung machen83). Wie groß aber war die Bestürzung, als noch am gleichen Nachmittag die katholische Tageszeitung „Magyar Állam“ in großer Aufmachung Rampollas zwei Briefe an Simor in lateinischer und ungarischer Sprache veröffentlichte84). „Man wird wohl kaum einmal mit völliger Sicherheit 80) Text der Rede Csákys z. B. in: Szabadelvű kormánypárt és az elkeresz- telés ügye (Budapest 1890) 19—28. — Über die weiteren Parlamentsdebatten informiert kurz und gut Keményfy, Ötven év 255—64, sieht aber den Zweck der Wegtaufenverordnung in der Durchführung des kirchenpolitischen Reformprogramms. Ähnlich Török, A magyar egyházpolitikai harc 88 (vgl. auch Anm. 34). — Salacz, Kultúrharc 92 verteidigt die Regierung vor diesen Anklagen und glaubt, sie seien nur für Szilágyi berechtigt. 81) Graf Antal Széchen, géb. Buda 17. X. 1819, gest. Bad Aussee 23. VIII. 1896. 1860/61 Minister ohne Portefeuille. 82) Cs. denkt wohl an den Hinweis Rampollas, weiterzuverhandeln (Anm. 74). Szapáry sprach mit Simor am 15. XII. Obwohl Simor den Wortlaut des Hirtenbriefes, durch den er die römischen Dekrete publizieren wollte, schon bereit hatte, versprach er Szapáry 1) die Dekrete nicht zu veröffentlichen, 2) im Oberhaus am 18. XII. über die Verordnung nicht zu sprechen, und 3) einen Bischof zu ernennen, der in Rom direkt verhandeln sollte. Simor war in jenen Tagen schon sehr niedergeschlagen und glaubte (in einem Gespräch mit Galimberti), „daß im Land bereits ein Kulturkampf herrsche, ähnlich wie seinerzeit in Deutschland“. Salacz, Kultúrharc 93. ss) Das Protokoll der Konferenz führte wieder Hornig (s. Anm. 61), der es erst am 4. IV. 1892 Simors Nachfolger, Vaszary, schickte! Dem Protokoll nach habe Simor die Dekrete nicht nur — wie Cs. schreibt — vorlesen lassen, sondern an die Bischöfe in gedruckten Exemplaren verteilt, mit dem Befehl freilich, sie geheim zu halten. Salacz, Kultúrharc 96. 83) „Magyar Állam“ (1868—1908), kath. Tagesblatt, Fortsetzung von „Idők Tanúja“, und „Pesti Hirnök“. Redakteure: Baron K. Jósika, A. Lonkay, Baron K. Hornig, L. Komáromy, J. Hortoványi, E. Szemnecz. — Cs. schreibt, Magyar Állam hätte die Dekrete am 18. (sic!) veröffentlicht. Da Magyar Állam aber