Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
CSÁKY, Móric: Die ungarische Wegtaufenverordnung von 1890. Ein Beitrag zur Geschichte des Kulturkampfes in Ungarn
380 Móric Csáky schlagen übereinstimmende Anfrage an Rom zu richten69). Dennoch notiert Csáky mit gewisser Befriedigung ein Schreiben Stefan Pápays, des Sektionsrats aus der kaiserlichen Kabinettskanzlei, in welchem jener Simor des Eigensinns zeiht und ihn allein für die gegenwärtige Situation verantwortlich macht70). Anfang September 1890 fuhr der Minister nach Gran, um den Primas persönlich über die verwickelte Lage zu sprechen. „Zu Beginn unserer Unterredung“ führt er wörtlich aus, „konnte ich mich, wie schon so oft, mit dem Primas in keiner Weise verständigen, bzw. stieß ich bei ihm auf recht harten Widerstand. Im Verlauf unserer längeren Besprechung beruhigte er sich aber sichtlich, und erklärte, die notarielle Vermittlung zu akzeptieren, natürlich nur dann, wenn sie auch von Rom (...) angenommen würde“ 71). Diese Erklärung ließ Csáky doch noch eine günstige Lösung der Schwierigkeiten erhoffen. So reiste er am 11. Oktober frohen Mutes nach Wien. Der Kaiser empfing ihn „sehr gnädig“, folgte aufmerksam jeder seiner Äußerungen und schien dem Minister recht geben zu wollen. „Dies erweckte in mir die Hoffnung“, schreibt Csáky, „daß von oben der Unüberlegtheit des Klerus eine Schranke geboten würde72 73 *). Noch am gleichen Tag hatte er auch mit Nuntius Galimberti7S) einen längeren Gedankenaustausch. Er konnte sich dabei des Eindrucks nicht erwehren, „daß der Nuntius selber nicht gerade intransigent war — z. B. sagte er, die ganze Wegtaufenangelegenheit gleiche dem Sturm im Wasserglas, er hätte schon ganz andere Dinge erlebt usw. —; gleichzeitig wurde 69) Simors zweite Anfrage von Ende August 1890. Vgl. Keményfy, Ötven év 252. Etwa zur gleichen Zeit mahnt Nuntius Galimberti den päpstl. Staatssekretär zu nur langsamem und vorsichtigem Hinwirken auf Änderung des Gesetzes von 1868. Vgl. Salacz, Kultúrharc 77. 70) Brief Stefan Pápays (1827—1897) an Cs. vom 21. VIII. 1890 als Beilage zur Denkschrift. Wörtlich schreibt Pápay: „Meiner Meinung nach ließe sich ein ernsterer Zusammenstoß ziemlich leicht vermeiden, wenn nur der Fürstprimas nicht so eigensinnig wäre und einsehen wollte, welch schädliche Folgen sein Eigensinn haben kann“. 71) Csákys Unterredung mit Simor am 3. IX. 1890. Cs. soll damals Simor seine vor Publizierung der Verordnung mit den Bischöfen geführten Gespräche und das Antwortschreiben Franz Josefs an Leo XIII. (Anm. 67) erwähnt haben. Simor wandte sich darauf am 5. IX. 1890 mit der Bitte, die Vorschläge der Regierung annehmen zu dürfen, wieder nach Rom. Salacz, Kultúrharc 78. 72) Cs. wurde bereits für Anfang September in Wien erwartet (Österr. Staatsarchiv, Polit. Arch. IX). Da der Kaiser zu den Ministerratsprotokollen nie eine Bemerkung gemacht hatte und sich bereit erklärte, in einer Ansprache an den kath. Klerus von Großwardein zur Mäßigung zu mahnen (Brief Pápays an Cs. vom 21. VIII. 1890), durfte Cs. mit Recht annehmen, daß der Herrscher auf Seiten der Regierung stand. 73) Kardinal Luigi Galimberti, geb. Rom 24. IV. 1836, gest. 7. V. 1896. War an der Schlichtung des deutschen Kulturkampfes maßgeblich beteiligt, 1887 bis 1893 Nuntius in Wien. Vertreter einer konzilianten Politik.