Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
MEZLER-ANDELBERG, Helmut J.: Österreichs „Schwarze Legende“. Zur Kritik an der Habsburgermonarchie durch österreichische Zeitgenossen Erzherzog Johanns
Österreichs „Schwarze Legende' 227 Grunde das perpetuirliche Mirakel des Hauses Österreich“ hießen29). Die alte Meinung vom „Mirakel Österreichs“, dem „österreichischen Wunder“, die sich bis zuletzt hielt89), klingt hier, boshaft ins Ironische gewendet, an. Wird einerseits, die Türkenkriege nur als Beispiel, an der österreichischen Geschichte heftige Kritik geübt, wird ihr die Fülle großer, erhebender und begeisternder Taten und Ereignisse abgesprochen, so beklagt Hor- mayr auch den Stand der österreichischen Geschichtsschreibung. Er hat auf diesem Gebiet, das darf nicht übersehen werden, als rasch und gewandt arbeitender Forscher trotz aller Mängel, die seiner Methode anhaften, aus der Fülle seines Wissens und seiner Erfahrungen, als Schriftsteller und nicht zuletzt auch als Organisator und Anreger, wichtige Beiträge geleistet. So unterstützte er auch die der Geschichte gewidmeten Arbeiten Erzherzog Johanns und beteiligte sich aktiv an ihnen* 80 81). Im übrigen blieb Erzherzog Johann das einzige Mitglied des kaiserlichen Hauses, dem Hor- mayr auch späterhin Sympathie entgegenbrachte, so wie auch der Erzherzog Hormayr als Patrioten und als Geschichtsforscher langehin sehr schätzte. Nach der unglücklichen Alpenbundaffäre drückte Johann in einem Briefe an Hans Christoph von Gagern am 1. Oktober 1816 seine Freude über Hormayrs Anstellung als Reichshistoriograph und dessen bevorstehende Rückkehr nach Wien aus und hoffte, „daß mit der Zeit seine Unschuld über die durch den Judas (Roschmann) ausgesprengten Verläum- dungen an das Tageslicht kommen werden“. Auch zeigte er sich über die weitere Entwicklung des Freiherrn optimistisch und meinte: „Sein Kopf und seine Vaterlandsliebe werden ihn gewiß wieder in die verlohrene Bahn bringen“ 82). Die enge Verbindung zwischen den beiden Männern trug auch insoferne Früchte, als Hormayr den 1810 niedergeschriebenen Bericht Johanns, „Feldzug 1809, von mir erzählt“, zur Grundlage seiner Publi29) J. v. H o r m a y r: Anemonen, II, S. 10. 80) H. R. v. Srbik: Österreichs Schicksal im Spiegel des geflügelten Wortes. MIÖG 42 (1927), S. 291. 81) Etwa durch Teilnahme an der Beantwortung der von Erzhg. Johann 1811 ausgeschriebenen Preisfrage über Geographie und Historie Innerösterreichs im Mittelalter. Die eingegangenen Arbeiten wurden teils in Hormayrs „Archiv“, teils in den Wiener Jahrbüchern der Literatur veröffentlicht. Zur Verteilung an die Freunde der Vaterlandsgeschichte ließ Erzhg. Johann einen Sonderdruck hersteilen: „Beyträge zur Lösung der Preisfrage des durchlauchtigsten Erzherzogs Johann, für Geographie und Historie Innerösterreichs“, der in zwei Heften 1819 zu Wien erschien. J. v. Hormayr lieferte dazu folgende Abhandlungen: „Beyträge zur Geschichte Innerösterreichs, mit besonderer Rücksicht auf die, von dem durchlauchtigen Erzherzoge Johann aufgeworfene Preisfrage“ (I. Heft, Nr. Ill, S. 138—184, II. Heft, Nr. VII, S. 57—187). — „Die Sachsen in Innerösterreich“ (I. Heft, Nr. IV, S. 184—201). — „Neustadt und Steyer“ (I. Heft, Nr. V, S. 201—221). — Weitere hier veröffentlichte Aufsätze stammen von Prof. Franz Xaver Richter, Laibach, Prof. Julius Franz Schneller, Graz, und Friedrich Blumberger, Göttweig. 82) Erzhg. Johann an Hans Christoph von Gagern, 1816 Oktober 1, Wien. Bundesarchiv, Abt. Frankfurt a. M. 15*
