Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
MEZLER-ANDELBERG, Helmut J.: Österreichs „Schwarze Legende“. Zur Kritik an der Habsburgermonarchie durch österreichische Zeitgenossen Erzherzog Johanns
Österreichs „Schwarze Legende 221 sammenhange von geringerer Bedeutung. Groß ist der Einfluß gewesen, den er auf das Geistesleben und die österreichische Literatur seiner Zeit, auch auf Männer wie Grillparzer und Anastasius Grün, ausübte7). Für die hier aufgeworfene Fragestellung wichtig ist aber vor allem der Umstand, wie weit Hormayr das abwertende Österreichbild nachfolgender Historiker beeinflußte. Sein späterer Haß gegen Metternich hat eine Grundlage für die lange vorherrschende durchaus negative Beurteilung des Staatskanzlers geliefert, deren Nachwirkungen auch in der ernsten Geschichtsforschung lange nicht überwunden werden konnten und bis zu Viktor Bibi hin feststellbar sind 8). Hormayrs Wandel vom österreichischen Patrioten und Lobredner Metternichs zum haßerfüllten Gegner des Kaiserstaates nach dem Übertritt in bayerische Dienste ist durch seinen Ausruf: „Plötzliche Unfälle erträgt man — sie blieben mir nicht fremd, aber ein vieljähriges Tödten mit Nadelstichen, ein unaufhörliches Zurücksetzen, Übergehen, Verdächtigen und Verleumden, erträgt nur, wer schlechterdings muß“ 9), seine Klage an Metternich über „Bitterkeiten und Erschwernisse seiner Arbeit“ 10 11) allein nicht genugsam zu erklären. Daß ihm Unbill widerfuhr, daß ihm in Wien nach der Alpenbundaffäre und seiner Verhaftung und dreizehn Monate währenden Festhaltung in Munkács noch Schwierigkeiten bereitet wurden, kann nicht geleugnet werden, die subjektive Reaktion des hochtalentierten, ehrgeizigen und ichbezogenen, in vielen Farben schillernden und in seinem Wesen und Denken brüchigen Mannes läßt aber doch bemerkenswerte charakterliche Mängel erkennen. Sie drücken sich nicht nur in seiner verbitterten und zu maßlosen Angriffen gegen seine alte Heimat aufgestachelten Abkehr von Österreich aus, sondern auch in der Fälschertätigkeit, vor der er als Historiker und als politischer Publizist nicht zurückschreckte n) 7) A. Robert: L’idée nationale autrichienne et les guerres de Napoléon. L’apostolat du Baron de Hormayr et le salon de Caroline Pichler. (Bibliothéque d’histoire contemporaine). Paris 1933, S. 589 f. 8) H. R. v. Srbik: Metternich. Der Staatsmann und Mensch. I. 2. Aufl. München 1957, S. 9. — III. München 1954, S. 12. s) Brief an den Grafen Franz von Saurau, 1829 Februar 4, München. Orig, im Steierm. Landesarchiv, Druck: Drei Briefe des Freih. Hormayr an den Grafen Franz v. Saurau. Steierm. Geschichtsblätter, V (1884), S. 118. 10) Hormayr an Metternich, 1826 Dezember 15 (HHStA Wien), H. R. v. Srbik: Metternich, I, S. 503. 11) Die Verfälschung mittelalterlicher Quellen zur Geschichte Ludwigs des Bayern hat nachgewiesen Fr. Bock: Fälschungen des Freiherrn von Hormayr (1782—1848). Neues Archiv d. Gesellschaft f. ältere deutsche Geschichtskunde, 47 (1928), S. 225—243. Über zeitgeschichtliche Fälschungen in den „Lebensbildern aus den Befreiungskriegen“ vgl. H. R. v. S r b i'k: Metternich, I, S. 503, und J. Hirn: Das kaiserliche Handbillett aus Wölkersdorf. Beitr. z. neueren Geschichte Österreichs, I (1906), S. 103 ff. — Auch Hormayrs „Geschichte Andreas Hofer’s, Sandwirths aus Passeyr, Oberanführers der Tyroler im Kriege von 1809", Leipzig 1817, 2. Aufl. 1845, wirft kein gutes Licht auf den Charakter des Verfassers.