Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

MEZLER-ANDELBERG, Helmut J.: Österreichs „Schwarze Legende“. Zur Kritik an der Habsburgermonarchie durch österreichische Zeitgenossen Erzherzog Johanns

222 Helmut J. Mezler-Andelberg und die gerade bei einem Manne seiner Intelligenz nicht ohne Absicht und Einsicht in die Konsequenzen seines Tuns unterlaufen sein kann. In ihrem breit angelegten Rechtfertigungsversuch, in dem sie Hormayrs Wandel als den Weg eines von nationalen Idealen getragenen Enthusiasten darzu­stellen unternahm, den seine Entwicklung vom österreichischen Super­patrioten auf dornenvoller, leidgeprüfter Bahn unter mancherlei Mißver­ständnissen, Bedrückungen und Verdächtigungen zum Vorkämpfer der deutschen Einheit führte, hat M. P. Prins den Äußerungen Hormayrs allzusehr vertraut und die offenkundigen Schwächen seines Charakters zu wenig bemerkt12). In den Jahren 1807—1814 gab Hormayr den „Österreichischen Plutarch“ heraus. Diese Gelegenheitsschrift sollte zur Zeit des Abwehrkampfes gegen Frankreich und einer volkszugewandten Politik der Wiener Regierung Vaterlandsliebe und Staatsbewußtsein durch geschichtliche Beispiele ver­tiefen und verfolgte damit aktuelle politische Ziele. Der vielgelesene „Plutarch“, eine Sammlung österreichischer Lebensbilder, wurde weithin eine biographische Fundgrube für den österreichischen Patriotismus. In schwungvollen, vom Pathos der Kriege gegen Napoleon und der vater­ländischen Begeisterung getragenen Worten preist Hormayr in der Vor­rede Österreich: „Auf dem kolossalen Flächenraume von Kronstadt bis Salzburg, und von Krakau bis Triest, auf einem unerschöpflichen Boden, wo Geist und Fleiß alles in Gold umzaubern können, was sie berühren, lebet und wirket ein Völkerverein von mehr als 22 Millionen Menschen, an Anlagen, Sitten, Sprache, Verfassungen unendlich verschieden, zusammen­vereinigt in verschiedenen Epochen, durch die verschiedensten Zufälle des Krieges, der Erbfolge und wechselseitiger Verbindungen — dennoch Alle Eines, Jeder für Alle, Alle für Jeden. Damit es ihm nicht an einem Namen und Symbol, den ungeheuren Radien nicht an einem Brennpunkte gebreche, heißt der Verein: das Erbkaiserthum Österreich ... Sei es auch, daß hin und wieder manches um der Gerechtigkeit, um des einmal verpfändeten Wortes willen nicht erhalten worden ist, oder nicht erworben, Eines ist jedoch erworben und erhalten worden, bis auf diesen Tag, das Köstlich­ste, — der Glauben und das Vertrauen an die alte österreichische Treue ... Die Gegenwart ist trüber als die Vergangenheit — wohlan, so wird die Zukunft wieder heller sein als die Gegenwart ... Alle Staaten der Vorwelt sind dahin — gefallen Tyrus, Carthago, Königinnen des Meeres, Rom selber, das Allherrschende, blieb auch nicht ewig; ... Auch die Eislasten des Hochgebirgs, ewig genannt, brechen, es sind Alpen eingestürzt. — Zeiten kommen, Zeiten schwinden, andere sind da. — Was ist unvertilgbar ? 12) M. P. Prins: Joseph Freiherr von Hormayr. Van apostel der Oosten- rijks-nationale gedachte tot pionier der Duitse eenheid. Assen 1938. In den ihrer Proefschrift beigegebenen Thesen wendet sich die V. Bibi allzusehr folgende Verfasserin gegen Srbik: „Srbik’s oordeel over Hormayr is zo zeer be'invloed door de wens Metternich te verdedigen, dat het alle historische waarde mist“.

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