Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
SUTTER, Berthold: Erzherzog Johanns Kritik an Österreich
214 Berthold Sutter Unfähigkeit unnütz. Und was an ihrer Stelle? Die Regierung, dachte ich mir oft, sollte da ernst eingreifen und sehen, was sie noch erhalten und brauchbar machen kann. Gehet es so fort, so ist in 20 Jahren der libro d’oro nun mehr nichts als eine Erinnerung, und beynahe alle Geschlechter verschwunden. Ein schönes Haus wäre zu kaufen. Die bekannte Casa d’oro ist dermalen zu verkaufen. Aus der schönen Galerie Manin sind 39 der besten Gemälden von Engelländern gekauft worden. Diese wandern aus dem Lande. Gasthäuser, Regierungs-Ämter, Privat (häuser) sind mit wenigen Ausnahmen geworden, aus welchen Dogen und erlauchte Männer hervor gegangen und das was in ihnen an Kunstschätzen und Erinnerungen gesammelt war, in die ganze Welt zerstreuet worden.“ 4. Tagebucheintragung vom 3 0. und 3 1. Dezember 185 6. „Das Jahr schließet sich mit vielen noch nicht ins Reine gebrachten Gegenständen. Die in Folge des abgeschlossenen Friedens bestimmte Grenze ist noch nicht geschlichtet. Rußland zögert, machet Hindernisse, ziehet die Sache in die Länge, hoffend auf Vermittelungen und dann doch das zu erreichen, was es will, liebäugelt auf die Donaumündungen und giebt sein Streben nach den Donauländern und der Türkey nicht auf, suchet im Übrigen überall Verbindungen, um überall neuen Fuß zu gewinnen und Verlegenheiten zu bereiten. Österreich, was da Schranken gesetzet, ist ihnen verhaßt. Rußland gehört in seinem Wirken nach Osten. Alle Mächte sollten einig seyn und Rußland Schranken setzen, daher kömmt weder für die Menschheit, noch die Civilisation Europa betreffend, Gutes. Schnell da endigen. Die Deutsche Sache ist auch nicht geendet, nach Gerechtigkeit im deutschen Sinne, darinnen soll Preussen, Oesterreich und die deutschen Fürsten einträchtig seyn und festhalten. Die Neuenburger Sache, wo Preussen in seinem Rechte stehet, trachte man schnell zu enden, damit nicht daraus ein aligemeiner Brand entstehe. Die Schweiz soll edelmüthig handeln, das kann sie ohne ihre Ehre zu kränken und Preussen soll dann nicht Schwierigkeiten machen und sich aufblasen. Die Neapolitanische Sache bringe man auch zu Ende. Man commandiere nicht mit dem König, er aber gebe völlig nach, Engelland schürre nicht und verwickle die Sache, Frankreich bleibe fest und schwanke nicht, Preussen halte zu Österreich, lasse doch einmal seinen Neid fahren und wolle nicht durch alle Mittel und Wege die Suprematie in Deutschland sich verschaffen oder gar es nach und nach verzehren. Was geschehen soll, wird die Zeit ihm bringen, ein anderer Weg bringet keine Ruhe. Die Deutschen Fürsten sollten doch einmal die miserable Eitelkeit unabhängiger Mächte aufgeben und ihre wechselseitige Eifersucht, welche jeden Patriotismus ersticket. Sie sollten