Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
SUTTER, Berthold: Erzherzog Johanns Kritik an Österreich
196 Berthold Sutter nommen. Dazu kam eine allgemeine Verwirrung, die dadurch entstanden war, daß der neue „stabile“ Kataster schon 1827 beendet worden war, doch erst 1844 die Grundsteuer nach diesem bemessen wurde. In der Zwischenzeit hatte eine geschickte Agitation unter den Bauern diesen eingeredet, daß die Steuerschulden ihnen ohnedies eines schönen Tages geschenkt, die Urbarialleistungen kostenlos aufgehoben würden; sie sollten daher nicht so dumm sein, jetzt zu zahlen, was ihnen erlassen werden müßte. Im Jänner 1848 brach bei der Herrschaft Rottenmann deshalb eine förmliche Revolte aus, die durch Militär niedergeschlagen wurde58). Aber nicht nur die Kreisämter, sondern eben auch die von den Grundherrschaften ausgeübte niedere Gerichtsbarkeit bot in den meisten Fällen ein Bild des Versagens. In den Jahren zwischen 1834 und 1846 gingen eintausend steirische Bauern zu Grunde und das Bauernlegen wurde schon damals von Herrschaften und Gewerken in reichem Ausmaße betrieben. Wo Erzherzog Johann helfen konnte, hat er es getan. Bereits 1831 forderte er die Abschaffung der Patrimonial-Herrschaften und aller Urbarialien auf ewige Zeiten, denn „dann gienge eine bessere Sonne über das Land auf.“ Er „fühlet . .. die unerläßliche Nothwendigkeit in den altösterreichischen, deutschen Provinzen ein Ende mit dem Urbariate zu machen. Es ist die einzige Rettung für Herren und Landmann“ 59). Aber nicht nur die sozialen Verhältnisse der Bauern, sondern auch jene der Eisen- und Salinenarbeiter erkennt der Erzherzog60). „Leute von Eisenerz besuchten mich. Es ist sonderbar, wie es im Innerberg zugehet. Ein Heer Beamte auf diesen Werken, die viel kosten, viel schreiben, was ganz überflüssig. Schon in Zell hatte ich die Klagen wegen der Entlassung alter, verheyratheter, angesessener Arbeiter und Holzknechte gehört und die nöthigen Erkundigungen eingezogen. In Wildalpen sind izt 59 entlassen, welche 30 Jahre dienen, Leute, die man heyrathen ließ, denen man die Ansiedlung erlaubte. Nicht allein dieses, man gab ihnen die halbe Fassung schon durch einige Zeit, verlangte gleiche Arbeit, manche krank, die ersten entkräftet. 370 sind izt bey der Gewerkschaft, davon 170 bey dem Radwerk entlassen, wohin sollen diese Leute? So stehet es mit dem 58) H.H.St.A. Wien, Kolowrat-Akten. 59) Tagebucheintragung vom 14. Jänner 1836. Und Erzherzog Johann fährt fort: „Was die Urbarialien betrifft, soll Kolowrat ganz dagegen seyn; Metternich hingegen dafür, die Gebürgsländer betreffend. Ist dies wahr? Das konnte ich noch nicht erheben.“ 60) in der Vorstellungswelt seiner Zeit befangen, nimmt er allerdings an der Heranziehung von Kindern zu Arbeiten in einer Wollspinnfabrik in Pragwald bei Cilli keinen Anstoß, er verlangt vom Fabriksherrn nur, er solle „wenn er Kinder verwenden würde, für sie moralisch und physisch sorgen.“ Dagegen wehrt sich Erzherzog Johann, daß als Arbeiter Leute aus Böhmen geholt würden, denn „hier wäre das Volk zu beschäftigen und kein Übermaß an selben.