Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

BENNA, Anna Hedwig: Eine Wiener Ratsliste und das Wiener Stadtrecht von 1340

12 Anna Hedwig Benna 1288 läßt wohl die Annahme zu, daß Herzog Albrecht, wenn schon cht im Einverständnis mit seinem königlichen Vater, so doch zu mind«, ten nicht gegen dessen Willen die Stadt Wien dazu brachte, ihn als ihren Stadtherren anzuerkennen und auf ihre Stellung als Reichsstadt zu ver­zichten. Daß König Rudolf im Zeitpunkt der Ausstellung des Rudolfinum I und II nicht daran dachte, die Stellung Wiens als Reichsstadt dauernd zu erhalten, mag die Tatsache, daß ins Rudolfinum II der Passus der Vor­urkunde Kaiser Friedrichs II. von 1237/47, Wien solle niemals durch Ver­leihung eines Lehens aus der Gewalt von Kaiser und Reich kommen, nicht mehr aufgenommen wurde 73), erhärten. Eine Absicht König Rudolfs, Wien für immer zur Reichsstadt zu machen, bestand demnach nicht. In den folgenden Jahren und vor allem knapp vor dem großen öster­reichischen Ministerialenaufstand von 1296 erhoben die Wiener Bürger die Forderung nach Anerkennung ihrer ihnen von den babenbergischen Stadtherren verliehenen und bestätigten alten Rechte. Man könnte diesen Aufstand der Wiener als „Kampf um das alte Recht“ bezeichnen. Die For­derungen der Wiener wurden zu einem Zeitpunkt, in dem sich das Ver­hältnis Albrechts zum Reichsoberhaupt Adolf von Nassau so weit ver­schlechtert hatte, daß der römische König vom Herzog von Österreich die Rückgabe der Reichslehen verlangte 74 *), erhoben. Der Österreichische Reim­chronist hat diesen Vorgängen in Wien eine breitangelegte Darstellung gewidmet76). Die Wiener machten ihr weiteres Verhalten, ihre Treue und Gunst, von der Erhaltung ihrer von den Landesfürsten stammenden alten Rechte abhängig 7ö). Die Kraftprobe wurde nicht von den Wienern, sondern von Herzog Albrecht bestanden. Die Wiener konnten die wirtschaftliche Blockade, die von Albrecht über die Stadt verhängt wurde, nicht durch­halten und mußten sich zu der vom Herzog geforderten Herausgabe der Stadtrechtsurkunden bequemen77). Die dem Herzog nicht genehmen Ur­kunden wurden vernichtet78), die Stadt Wien und vor allem die Rats­73) Kaiser Friedrich II. für Wien, 1237 April (Schwind-Dopsch n. 35, S. 75 .... dictam civitatem et cives in nostram et imperii perpetuo et irrevocabiliter recepimus ditionem ut ammodo in nostris regum et imperatorum successorum nostrorum manibus teneantur et quod nunquam per concessionem alicuius bene­ficii de nostra et imperii transeant potestate ...) Rudolfinum II., vgl. oben Anm. 56. 74) Reg. Imp. VI, n. 663. 76) Ottokars Österreichische Reimchronik (MG. Deutsche Chron. 5/2, S. 867 —876) V. 65. 499—66. 255. 7Ö) Ottokars Österreichische Reimchronik (MG Deutsche Chron. 5/2, S. 868) V. 65. 577 . . darnach an einem tac diu gemeine mit im reden hiez, daz er in diu reht liez und die hantvest behielt, der Wienne diu stat wielt von den alten landesherren, oder si wolden von im keren ir gunst und ir triuwe ... 77) Ottokars Österreichische Reimchronik (MG Deutsche Chron. 5/2) V. 66215—66246. 78) Ottokars Österreichische Reimchronik (MG Deutsche Chron. 5/2) V. 66215—66245. Chronik der 95 Herrschaften (MG Deutsche Chron. 6) c. 362.

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