Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
SUTTER, Berthold: Erzherzog Johanns Kritik an Österreich
178 Berthold Sutter bey ihm ein Zutrauen entstanden seyn, als sey ich der Mann, der die Sache so durchführen könne, wie er dieselbe betrachtet. Er klagte mir im gleichen Sinne wie viele, daß die Sachen nicht so gehen können. Eine heftige Feindschaft sprach sich bey ihm gegen Koloivrat aus. Warum? Das weiß ich nicht, er meinte es sey kein anderes Mittel zu helfen, als daß ich Ludwig dazu bringe, mit mir vereint den Kaiser zur Unterschrift eines von uns verfassten Handbillettes zu bewegen, wodurch der Staatsrath hergestellt werde, in welchem der Minister blos dann zu Sectionschefs würden und als solche zu intervenieren hätten (an dieser Idee hängen die Meisten, und sie hat sehr viel für sich). Ich erwiderte ihm, das mit dem Handbillet sey wohl und gut, wenn er auch dasselbe unterschreibe, so käme es doch vor der Expedition in die Kenntnis anderer. Wenn diese nun zum Kaiser giengen und vorstellten, das gienge nicht, so könnte ein entgegengesetztes Handbillet erfolgen, alles nicht allein scheitern, sondern jene, welche das erste eingeleitet, es entgelten. Ja, meinte Stift, das solle man nicht zugeben, sondern den Kaiser nicht auslassen, und wenn Kolowrat was sagte, den Kaiser dazu bringen, daß er ihn auf seine Güter gleichsam relegiere. Metternich sey besser, allein er sehe zu und behandle alles zu leicht. Das andere Mal wiederholte er das Nämliche, drang als unerlässig in mich, ich solle mich der Sache annehmen, sonst sey die Monarchie verloren! Denn jetzt finge auch an die venvitwete Kaiserin zu intrigieren. Sie habe sich als der Seelige lebte die Kenntnis von allen dadurch gesichert, daß sie ihm vorlas, jetzt wo sie allein sey tauche der ursprüngliche Charakter hervor. (Also auch diese edle Frau). Man könne sich davon überzeugen, weil man ihr widerspreche, sie öfters sich vergesse und hervorgehe, was ihr hernach gesagt zu haben nicht lieb sey. (Arme Frau, die doch gar nicht so ist, aber auch diese soll keinen Frieden haben.) Ich schwieg, denn es wurmte mich diese Rede, ich wollte alles hören; weiters sagte er, Kolowrat mache nichts, er käme in sein Bureau, wo Leute ihn erwarteten, plauschen, dann gehe er nach Hause, wo er mit Dutzbrüderln, wie einem Klebeisberg, Cigaros rauche, dann sich unterhalten ins Theater, wo habe er Zeit zum lesen? Er habe junge Leute, die arbeiten und was sie ihm vorlegten, das thäte er. (Er begrüßt, daß seine Augen ihm das Lesen hindern, und er sich müsse vorlesen lassen.) Ich antwortete ihm, ich thäte alles was ich vermöge, wisse alles, hätte die Augen offen und empfahl mich. Ludwig setzte ich davon in Kenntnis, denn es ist zu arg.“ Die Situation des Kaiserstaates aber verschlimmerte sich zu allem Unglück noch dadurch, daß Graf Kolowrat, ohne Zweifel der bessere Kenner der inneren Verwaltung, nicht bereit war, mit Metternich ehrlich zu-