Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
SUTTER, Berthold: Erzherzog Johanns Kritik an Österreich
168 Berthold Sutter dem Fürsten „gut zu seyn“, überwand sich Erzherzog Johann, obwohl ihn Metternich im März 1813 nach Aufdeckung des Alpenbundes recht übel mitgespielt hatte7). Sehr zum Verdrusse seines älteren Bruders Karl ist Johann 1817 entschlossen, sich „mit jenen fest zu vereinigen, welche durch Fähigkeit, Verstand und Erfahrung berufen sind, das Staatsruder zu führen. Dieser ist Metternich“ 8). Auf die Tagebucheintragung von 1842: „Ich bin dem Fürsten Metternich mehr Freund als man glaubt“ müssen wir einen nachdrücklichen Akzent legen9). Nach dem Tode seines kaiserlichen Bruders Franz I. besprach Erzherzog Johann die Lage des Kaisertums wiederholt mit Erzherzog Ludwig und mit dem Grafen Kolowrat. Mit seinen in Ungarn als Palatin und in Italien als Vizekönig wirkenden Brüdern stand er im engsten mündlichen und schriftlichen Gedankenaustausch und er wurde wiederholt von diesen um seinen politischen Rat gefragt. Der Palatin Erzherzog Joseph setzte testamentarisch Johann als Anwalt seines Sohnes Stephan ein. Vor allem aber kannte Erzherzog Johann das Volk und dessen Stimmung; er kannte dessen Sorgen und Nöte und er kannte aus eigener Anschauung das völlige Versagen sowohl der obersten als auch der untersten Instanzen. Des kaiserlichen Prinzen an Österreich geübte Kritik — und zwar, dies sei gleich vorweggenommen, überaus heftige und scharfe Kritik — geschieht also nicht vom Blickwinkel her eines besiegten und daher pensionierten Generals, der nun alles besser als seine Nachfolger machen würde und an diesen kein gutes Haar läßt, ohne die Situation wirklich zu kennen. Zudem kann am Patriotismus Erzherzog Johanns kein Zweifel bestehen. Er hat seinen kaiserlichen Bruder Franz I. ehrfurchtsvoll und innig geliebt. Den letzten Beweis aber seiner unzerstörbaren österreichischen Gesinnung und der Opferbereitschaft für sein Haus hat er 1849 erbracht, als er lediglich über dringlichste Bitten des Fürsten Felix Schwarzenberg als Reichsverweser in Frankfurt verblieb, damit Österreich Zeit gewinne, in Italien und Ungarn den Aufstand niederwerfe und dann mit verändertem Gewicht wieder in die deutsche Frage eingreifen könne. Was damals Erzherzog Johann als Reichssehr ... Hätte er sich Metternich genähert, hätte er die Besorgnisse verscheucht, die man gegen ihn hat .. . Allein Metternich und alle hier glauben, wenn so etwas geschähe, so würde der Abgestellte mehr zu thun geben, um ihn zu leiten und zu halten als irgend ein anderer, umso mehr da man als eigenen Agnaten mit mehr Rücksicht Vorgehen und so einen gemachten Schritt nicht zurücknehmen könnte . . 7) H. E. Klier: Der Alpenbund. Vervielfältigte Wiener phil. Diss., Salzburg 1952. — H. Rössler: Zwischen Revolution und Reaktion. Ein Lebensbild des Reichsfreiherrn Hans Christoph von Gagern. Göttingen 1958. (Ver- öffentl. der Histor. Kommission für Nassau. 14.) S. 133 ff. 8) Tagebucheintragung vom 31. Dezember 1817. 9) A. Posch: Erzherzog Johann und Metternich. Aus ungedruckten Briefen und den Tagebuchaufzeichnungen des Erzherzog Johann. Festschrift Julius Franz Schütz. Graz-Köln 1954, S. 364—387.