Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
WAGNER, Georg: Der Wiener Hof, Ludwig XIV. und die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65
Wiener Hof, Ludwig XIV. u. die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65 145 Aber in der Tat war es ein Sieg gewesen, der „unitis viribus“ — wie Montecuccoli, am 20. Juli 107 *) nach St. Gotthard ziehend, an den Kaiser schrieb — ausgefochten werden mußte, und der auch tatsächlich „coniunctis consiliis“ — mit einhelligem Ratschlag — und „uniter viribus“ — geeint in den (Streit-)Kräften — wie Baron Tullio Miglio in seiner Relation an den Kaiser (4. August 1664) bezeugt los), gewonnen wurde, wobei — wie Montecuccoli und andere betonen, der Feind seine Kerntruppen, insgesamt (einschließlich der Fouragierer) aber 15—16 000 Mann verlor.109) In der Medaille auf den Sieg, die der Regensburger Münzmeister Federer — wohl im Auftrag des Kaisers für die Stände — schlug (1664), ist der gekrönte einköpfige Reichsadler mit einem Blitzbündel — wohl Symbol für die vereinigten Kontingente des Reiches — triumphierend auf dem Erdball stehend, zu sehen und darüber die Legende: SIC UNITIS, NON PAVEO — so vereinigt (in unseren Kräften), fürchte ich nichts! Indes auf der anderen Seite die Sonne, das Christogramm inmitten, über dem abnehmenden Halbmond steht, mit der Umschrift: POTENTIOR QUO SUPERIORE — etwa: Das Erhabenere (Überlegenere) ist mächtiger ! Und hatten nicht z. B. die Stände Österreichs unter der Enns in der größten Bedrängnis am 10. September 1663 11#) und dann immer wieder nach einer „Defensions-Conferenz“ der Erblande gerufen, denn „coniunctis viribus“ werde man — wie sie betonten — den Erbfeind schlagen können. Und tatsächlich: Mit vereinten Kräften schlug man ihn. „Viribus unitis“ — dies der Wahlspruch Kaiser Franz Josephs bei Antritt seiner Regierung —- überwand man auch die Klippen des Sturmjahres 1848/49! Damals mahnte unser größter Dichter Franz Grillparzer: „G emeinsame Hilf in gemeinsamer Noth / Hat Reiche und Staaten gegründet ...“ — Nach alledem dürfte es wohl klar geworden sein, daß — im Analytischen und Synthetischen, im nationalen und universalen Bereiche, weithin ausstrahlend — wie schon Joseph v. Hammer-Purgstall in seiner „Geschichte des Osmanischen Reiches“ (Pest 1830, VI) über die Schlacht von „Mogersdorf“ betonte —: das europäische Ereignis an der Raab einen hohen ermutigenden Symbolwert besitzt. Und zwar deshalb, weil dieses fruchtbare Spannungswesen, das ständig um den Ausgleich von „auctoritas“ und „libertas“ ringt: dieses Europa des brüderlichen, nun immer menschenwürdigeren Streitgespräches, anno 1664 gegen einen Pseudo107) KA FA TK 1664/VII. io») KA FA TK 1664/2. Abschr. 109) Montecuccoli: KA FA TK/1664/XIII/29: „RELAZIONE Deila Cam- pagna ... 1664“. no) Vgl. Niederösterr. Landesarchiv, Wien. Landtagshandlungen 1661—1663. Fasz. 43. Schreiben der 4 Stände an den Kaiser vom 10. Sept. 1663. Konzept. Mitteilungen, Band 16 10