Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

WAGNER, Georg: Der Wiener Hof, Ludwig XIV. und die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65

Wiener Hof, Ludwig XIV. u. die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65 143 (vom 24. Aug. 64) findet105), zeigt, daß er mit Freuden die Möglichkeit aufgriff, Frankreich die Ehre von St. Gotthard zuzuschanzen, so wie dies schon für das Abwehrgefecht von Körmend an der Raab (27. Juli 1664) geschehen war. Gewiß, der Einsatz des französischen Korps an der Raab war unerläß­lich und in der 3., der Sieges-Phase, hat es, in offenem und einseh­barem Gelände kämpfend, spektakulärer als die Kaiserlichen gewirkt. Ins­gesamt jedoch: wenn man bedenkt, daß die Kaiserlichen fast die Hälfte der Kombattanten (von insgesamt ca. 26.000) gegen die dreifach überlegenen Türken stellten und nicht nur im Zentrum (Raabbogen) einsprangen, son­dern ihre lange Frontlinie am rechten Flügel halten mußten, daß sie außerdem in der 2. Phase (ca. 10—12 Uhr) den türkischen Einbruch der 1. Phase (ca. 8—10 Uhr) in die Mitte der Reichsvölker, wesentlich ein­dämmen halfen und in der 3. Phase (ca. 1—4 Uhr) durch die Flügel­aktion Sporcks (am rechten Flügel raabaufwärts) gegen die Umzinglungs­bewegung von 4000 Spahis (die Sporck zerschlug) den halbmondför­migen Siegesangriff in den Raabbogen zur Vernichtung des türkischen Brückenkopfes (1 Drittel des Osmanenheeres: Kerntruppen) erst ermög­lichten, worauf sie dann selber noch in der bewaldeten rechten Raabbogen­hälfte 4000 versteckte Türken zerschlugen, dann muß man insgesamt doch zugeben, daß der Siegesanteil der Kaiserlichen der gewichtigste war. Aber all diese Analysen erscheinen müßig angesichts der Tatsache, daß der Ausfall auch nur eines der vier Korps, und wäre es des glücklosesten, nämlich der Reichskreisvölker, gewesen (von denen 5 Regimenter ruiniert wurden, von den Kaiserlichen 2), eine unabsehbare Katastrophe mit sich gebracht und das über 100.000 Mann starke Türkenheer vor die Mauern Wiens, das damals viel schlechter befestigt als 1683 war, geführt hätte. Die österreichischen Erblande wären in Blut und Feuer aufgegangen. Man muß also dankbar sein, insbesondere für die große Tapferkeit jener rund 150 Nachkommen der französisch-burgundischen Kreuzfahrer, jener „Herren Freywilligen der Christenheit“, wie das „Theatrum Europaeum“ (IX, 1672) die französischen hochadeligen Freiwilligen nennt, andererseits aber die Dinge wohlüberlegt, ausgewogen und gerecht präsentieren109). Es gibt kein stichhältigeres Zeugnis dafür, daß der Tag von St. Gott­hard - Mogersdorf eine multinationale Gemeinschaftsaktion war, als Johann * 1 * * * S. los) AN, Affaires Étrangéres, Autriche, suppl. 19. Vgl. auch: Recueil des instructions aux ambassadeurs franfaises. Autriche. Hrsg. v. A. Sorel, Paris 1884. io«) Vgl. Einzelheiten der Schlacht von St. Gotthard-Mogersdorf vom 1. August 1664 bei Georg Wagner, „Das Türkenjahr 1664. Eine europäische Be­währung“, Festschrift des Burgenlandes zur 300-Jahrfeier des Sieges an der Raab, Bd. 48 der „Burgenländ. Forschungen“, 1964. Ders, Sieg und Sieger von St. Gotthard-Mogersdorf, Bericht d. 7. österreichischen Historikertages, 1963, S. 76—109. Ders., Die Steiermark und die Schlacht von St. Gotthard-Mogers­dorf, in: Mitteil. d. Steierm. Landesarchivs, 1964.

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