Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

WAGNER, Georg: Der Wiener Hof, Ludwig XIV. und die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65

Wiener Hof, Ludwig XIV. u. die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65 109 organisierten Opferleistung und systematischen militärischen Anstrengung fähig waren, letztlich nur zu einer Katastrophe führen. Ludwig XIV. wurde über die wahre Lage der Dinge in Ungarn durch Grémonville bestens unterrichtet. Während die Mitglieder des ungarischen Kronrates in Wien versammelt waren, pflegten sie heimlich engen Kontakt mit dem französischen Gesandten. Nach außen hin allerdings schienen sie sich zu beruhigen. Auf ihre alte Forderung, man möge die fremden (deutschen) Truppen aus Ungarn abschaffen -— den Einsatz kaiserlicher Truppen zur Sicherung ihrer Grenze faßten sie als eine Verletzung ihrer Verfassung auf und beanspruchten das Widerstandsrecht — und auf ihre Ablehnung des Vasvárer Friedens hin hatte das Wiener Kabinett ver­sprochen, nach Léva, Neutra, Tokaj, Onód, Kálié und Szatmár nur ein­geborene Besatzung zu legen43). Da außerdem Wesselényi und Lippay verschiedene Begünstigungen in Aussicht gestellt und Peter Zrínyi die Banuswürde versprochen worden waren, die er am 24. Jänner 1665 auch tatsächlich erhielt, unterließen die Magnaten einen förmlichen Protest. Der Egoismus der Magnaten. Unter der Decke der patriotischen Bestrebungen Niclas Zrinyis, die Eugen Csuday zusammenfaßt mit: Abschüttelung des türkischen Joches, enger Anschluß Siebenbürgens an Ungarn, Aufrechterhaltung der Ver­fassung der Nation, entscheidende Einflußnahme auf den Kronrat44), tum­melten sich die widersprechendsten ehrgeizigen Absichten, wofür der oberste Landrichter Franz Nádasdy, ein Favorit des Kaisers, in seiner Doppelrolle ein besonders abstoßendes Zeugnis bietet. Er, „dieser reiche und ehrgeizige Magnat, der früher alle Taten der Regierung, auch den Vasvárer Frieden gebilligt hatte, um dadurch die Gunst des Hofes zu gewinnen, schloß sich, im Besitze dieser Gunst, den Verbündeten an, sobald er von ihren Absichten Kenntnis erhielt“. Dies sagt der ungarische Historiker Csuday von ihm, der auch zugibt, daß es Nádasdy um die Palatinswürde ging. Darum hielt er sich zwei Feuer warm: den Hof und die Verschworenen, die die Gunst des Volkes besaßen. Das Ende eines solchen Doppelspieles konnte nur ein blutiges sein. Aus den Berichten Grémonvilles vom November und Dezember 1664 geht hervor, daß der Palatin Franz Wesselényi, der Kardinal-Fürstprimas Erzbischof Georg Lippay und Peter Zrínyi, während sie nach außen dem Wiener Kabinett gegenüber sich mäßigten, bei Grémonville sich schwer beklagten. Ja Lippay versprach sogar, die Ungarn für den Sonnenkönig zu gewinnen. Peter Zrínyi, der naive Heißsporn, verstieg sich zur Befür­wortung einer gemeinsamen Aktion mit Lippay45). 43) Vgl. Franz Krones, Handbuch d. Gesch. Österreichs III, Berlin 1881, 602. 44) E. Csuday, Die Gesch. d. Ungarn, Übers. M. Darvai, 2. A., 1900, II, 143. 45) Vgl. Grémonville bei Bogisic, Monum. spect. histor. Slavorum meridion. XIX, 17.

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