Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)

WAGNER, Georg: Der Wiener Hof, Ludwig XIV. und die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65

110 Georg Wagner Damit begann die vom Marquis de Guitry in den Geheimabsprachen mit Yitnyédy unter Mithilfe Frankreichs ins Auge gefaßte Konspiration in ein ernsteres Stadium zu treten. Peter Zrínyi wurde französischer Pen­sionär (Jahrespension). Diese Fühlungnahmen ermöglichten es Grémonville, nach Paris ein getreues, aber auch der Wahrheit gemäß entmutigendes Bild der ungari­schen Opposition zu entwerfen. Die Ungarn waren sich zwar einig im Haß gegen die deutsche Fremdherrschaft und gegen den Absolutismus des Wiener Hofes, aber die führenden katholischen Magnaten waren durch Eifersüchteleien gespalten. Franz Nádasdy z. B., der „judex curiae“, nei­dete Franz Wesselényi das Palatinat, das er selber bereits 1658 zu erlangen gehofft hatte. Die protestantische Adelspartei, die mit dem protestanti­schen deutschen Bürgertum oberungarischer Städte zusammenarbeitete, besaß zwar in Stephan Vitnyédy, dem ehemaligen Privatsekretär Franz Nádasdys und Stadtnotar von Ödenburg, einen führenden, aber auch phan­tastischen Kopf, der sich bemühte, als ehemaliger Hofkavalier Niclas Zrinyis die immer wieder ausbrechenden Zwistigkeiten zwischen der katholischen und protestantischen Adelspartei zu überbrücken, zu deren letzterer der mächtige kalvinische Magnat Stephan Thököly, Vater des Rebellen Emmerich, zählte 46). Dafür, wie hier die Fronten durcheinander­gingen, und daß aus dem Haß gegen die „Fremdherrschaft“ allein noch kein fugenloses Machtinstrument zur Befreiung Ungarns entstehen konnte, ist die Tatsache kennzeichnend, daß es gerade die katholischen Magnaten waren — aus ihren Reihen waren ja die Verschwörer gekommen, die 1671 ihr Leben lassen mußten — welche in der Zeit des Guberniums Ampringens, insbesondere 1672, die schärfsten Maßnahmen gegen die Protestanten ergriffen. Auch Franz I. Rákóczy vertrieb damals die Prä­dikanten von seinen Gütern. „Die Vorgänge von 1677“ — so betont Oswald Redlich — „zeigen den ganzen inneren Ernst der Lage Ungarns und beweisen, daß gerade die ungarischen Prälaten und Magnaten selber so energisch und rücksichtslos die katholische Restauration betrieben, wäh­rend demgegenüber sowohl die Tätigkeit als auch die wirkliche Verantwor­tung des Wiener Hofes entschieden in die zweite Linie trat“ 47). Das wird nur zu leicht vergessen oder nicht in Rechnung gestellt. Daher hat das nahezu geflügelte zeitgenössische Wort wirklich Gültigkeit, das in dem am 24. Oktober 1664 durch den Hofkanzler H o c h e r, Direktor des Fürstenrats und neben Ernst Guidobald Graf Thun, Erzbischof von Salzburg, der wichtigste Repräsentant des Kaisers am Reichstag, über­reichten Memorandum (Begründung) des Friedensschlusses zu finden ist: Die ungarischen Stände sind sich nur darin einig, daß sie untereinander uneinig sind48). * 4 46) Vgl. Fr. Krones, III, 560. 4<) Weltmacht des Barock, 220. 4s) Theatrum Europaeum IX, 1. A. 1132 f., 2. A. 1115 f. Ortei. Contin. 358 f.

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