Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 16. (1963)
WAGNER, Georg: Der Wiener Hof, Ludwig XIV. und die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65
Wiener Hof, Ludwig XIV. u. die Anfänge der Magnatenverschwörung 1664/65 105 sam als ob die Christenheit nun schutzlos dastünde. In sehr vielen Städten des Reiches feierten der (Welt-) Klerus und die Orden die Exequien für sein Seelenheil, wobei sie untereinander spontan wetteiferten. Nicht weniger unermüdlich waren die Tugendhaften (virtuosi), indem sie Trauergedichte und Epitaphe zu seinem Lobe verfaßten und ihn den „Krieger der Christenheit“ nannten36). Danach entwirft Nitri ein sehr positives Charakterbild des Verstorbenen. Sein Auftreten sei majestätisch gewesen, freimütig, schlagfertig im Diskurs, überlegt und klug, freigebig von Natur. Er habe mit den Soldaten die Beute geteilt. Maßvoll in der Lebensführung, besonders beim Trinken, allmorgendlich nur ein Glas Wein, zu Mittag nur „aeque condite“ zu sich nehmend. Sein Genius habe sich mit der Musik, dem Spiel und dem Theater, aber ebenso mit der Jagd als einer Form des Krieges, mit der Lektüre von Geschichtswerken, vor allem aber mit militärischen Übungen befaßt. Nitri verzeichnet auch die Bewunderung der Franzosen: „Stupirono anco in esso li Signori Francesi, che alle Iodi, & applausi, che gli venivano dati niente si gonfiasse, o insuperbisse, & sopra tutto se gli vedeva un’invitta costanza nell’accudire con ardore incessante al servitio di Cesare, anco senza titoli, e senza interessé, dove altri essacerbati dalle contarietä delli emoli si sarebbero al certo raffreddati; Degno per veritä d’essere ascritto nelli annali dell’eternitä trä il numero de gli Eroi piü insigni“ (212). Der Tod Niclas Zrinyis befreite zwar den Kaiser von einem Feuergeist, dessen hochfliegende, auf die Befreiung Ungarns und Siebenbürgens gerichteten Pläne die dafür zur Verfügung stehenden Mittel Restungarns weit überschätzten und dessen umfangreicher dauernder Kleinkrieg von Neu-Zrinyvár nach dem Fall Großwardeins seit dem Sommer 1661 die Türken umsomehr angestachelt hatte, den Krieg in großem Maßstabe zu führen; aber andererseits war er ein uneigennütziger, echt patriotischer Geist im Königreich, der sich gewiß nie dazu hergegeben hätte, wie schließlich sein Bruder, sich sogar dem Großtürken unterwerfen zu wollen, nur um den Kaiser aus dem Lande zu vertreiben37). Dennoch, als Gegner des Wiener Hofes, der zu werden, alle Ansätze gegeben waren — jedenfalls hatte er für weltpolitische Gesichtspunkte der spanisch-österreichischen Hausgemeinschaft keinen Sinn — wäre er ungleich gefährlicher geworden als sein Bruder Peter und Genossen, der, samt den anderen unzufriedenen Mitgliedern des ungarischen Kronrats, „ni tout le génié, 36) Hä dell’incredibile, quanto al vivo fü sentito da tutta l’Europa la perdita di quel Personaggio, quasi, che la Christianitä restasse senza difesa. In moltissime Cittä dell’imperio si celebrarono l’essequie per la di lui anima, facendo il Clero, e le Religiosi spontaneamente ä gara trä di loro. S’affati- corono non poco li virtuosi in comporre poemi lugubri, & epitaffi in lode sua, chiamandolo il Guerriero del Christianesimo. (Ebd. 211). 37) Vgl. Eugen Csuday, Die Geschichte der Ungarn, 2. A. 1900, II, 146 ff.