Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)

KÜHNEL, Harry: Pietro Andrea Matthioli. Leibarzt und Botaniker des 16. Jahrhunderts

82 Harry Kühnei Dioscoride Anazarbeo“ gelangte 1555 zum Neudruck und wurde in der Folge bis 1712 noch zehnmal aufgelegt121). Andreas de Laguna aus Segovien, Hofarzt bei Kaiser Karl V. und später an der Kurie bei Papst Julius IIL, brachte 1555 in Antwerpen eine spanische Übersetzung heraus, betitelt „Dioscorides traduzio en la vulgar Castellana con annotaciones y figuras“. Laguna machte sich um die Text­kritik verdient und soll auch einen einwandfreien Codex des Dioskorides benützt haben. Matthioli hingegen beklagte sich über die starke Benützung seines Kommentars sowie über die schlechte Nachahmung seiner Ab­bildungen 122). Mit der Berufung Matthiolis als Leibarzt nach Prag war für ihn die Möglichkeit gegeben, den Dioskorides auch in böhmischer Sprache er­scheinen zu lassen. Die ersten Schritte dafür wurden 1558 eingeleitet, als Erzherzog Ferdinand von Tirol über Bitten Matthiolis sich bemühte, den Maler Georg Liberale von Görz, der für den lateinischen Dioskorides die Pflanzen gemalt hatte, nach Prag zu bringen123). Die böhmischen Stände hatten schon auf dem Landtag vom 3. Jänner 1558 beschlossen, zur Heraus­gabe der medizinischen Bücher des Matthioli, die allen Bewohnern des Königreiches von Böhmen von Nutzen sein würden, finanziell mit 500 Ta­lern zu unterstützen124 *). Im November 1559 richtete Matthioli das An­suchen, ihm für die Herstellung des Herbarium die noch restlichen 300 Ta­ler auszufolgen126 *). Zwei Jahre später bewilligte Kaiser Ferdinand I. 100 Taler, die aus der böhmischen Kammer bezahlt werden sollten128). Im 121) De Toni, Pierandrea Mattioli, S. 385. 122) Im Verzeichnis der Hofbibliothek vom Jahre 1609, Cod. Vind. 13.541. fol. 481r wird auch Lagunas Werk angeführt. Meyer, Geschichte der Botanik, Bd. 4, S. 371. Senfeider, Beiträge zu einer Biographie des P. A. Matthiolus, S. 1480. Über Laguna siehe C. E. Tubler, La „Materia Medica“ de Dioscorides. Vol. IV: D. András de Laguna y su época (Barcelona 1955). 123) Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen XI, S. CLXXVI, n. 7301. Erzherzog Ferdinand beauftragte zur gleichen Zeit den Maler Georg Liberale, „ain ware, natürliche abconterfectur und gestalt“ aller Fische des Meeres fertig­zustellen (Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen XI, S. CLXXXIV, n. 7374). Zehn Jahre später wurde der kaiserliche Gesandte in Venedig, Veit von Dornberg angewiesen, das im Besitz des Patriarchen von Aquileja befindliche „buech mit allerlai gemalten vischen“ abmalen zu lassen (Jahrbuch der kunst­historischen Sammlungen XIV, S. CXVII, n. 10.176). Der naturverbundene, den Naturwissenschaften aufgeschlossene Erzherzog bat außerdem um Übersendung eines „gar schön gemaltes Buch von allerlei Vögeln“ des Maestro Leone Canta in Banca (Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen XIV, S. CXVII, n. 10.178). 124) Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen XII, S. V, n. 7958. 123) HKA Gedenkbuch Böhmen, Bd. 309, fol. 248'\ Hoffinanzregister E, Bd. 240, fol. 286v. Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen XII, S. VII, n. 7962. 128) HKA Gedenkbuch Böhmen, Bd. 310, fol. 27r. Jahrbuch der kunsthistori­schen Sammlungen XII, S. VIII, n. 7965.

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