Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)
KÜHNEL, Harry: Pietro Andrea Matthioli. Leibarzt und Botaniker des 16. Jahrhunderts
Pietro Andrea Matthioli 81 Der Arzt und Historiker Johannes Sambucus veröffentlichte in Paris noch 1549 eine kommentarlose Ausgabe unter dem Titel „Dioscorides libri octo graece et latiné“ 116). Es war daher durchaus keine originelle Idee, als Matthioli im Jahre 1544 in Venedig bei Nicolo de Bascarina eine italienische Übersetzung mit Kommentar erscheinen ließ; maßgebend für seinen Entschluß war der Umstand, daß vielen italienischen Apothekern die lateinische Sprache zu wenig geläufig war117). Das Werk enthielt 504 Abbildungen von Pflanzen und 58 von Tieren. Eine zweite Edition erschien 1548 bei Valgrisius in Venedig und in Mantua bei Jacomo Cufinello 1549 eine dritte118). Das Werk fand derart großen Beifall, daß 1554 bereits die fünfte Auflage vorbereitet wurde. Inzwischen meldeten sich die ersten kritischen Stimmen, unter ihnen Professor Amato Lusitano aus Ancona. Matthioli fühlte sich verpflichtet, mit Lusitano abzurechnen, dabei wirft die Art seines Vorgehens ein bezeichnendes Licht auf seinen Charakter. Er wandte sich brieflich an den Leibarzt Kaiser Maximilians II., Partim119), und bat ihn, er solle ihm, Matthioli, einen Brief schreiben, worin er seine Schriften lobend erwähnen und sich über die des Lusitano lustig machen sollte. Gleichzeitig sollte Partini den Matthioli auffordern, mit Lusitano reinen Tisch zu machen. Matthioli legte der Einfachheit halber sogleich ein ihm geeignet erscheinendes Antwortschreiben bei, dessen Inhalt Partini aber als zu scharf ablehnte und Veränderungen vorschlug. Matthioli aber formulierte den Brief noch krasser und sandte ihn an den Drucker Valgrisius, der die „Apologia adversus Amatum Lusitanum cum censura in eiusdem ennarationes“ der Auflage des Dioskorides von 1558 beiheftete. Partini beklagte sich bitter über diese Täuschung und mußte heftige Angriffe des Lusitano in Kauf nehmen120). Die italienische Übersetzung des Dioskorides, „I discorsi di M. Pietro Andrea Matthioli ne i sei libri della materia medicinale di Pedacio S. S. XXXII, n. 6374. Bei Egenolph erschien 1545 auch das Werk von G. H. Ryff, „Die gross Chirurgei, oder vollkommene Wundtartzenei“ im Druck. in) Stephan Balint-Nagy, Der weltberühmte Historicus Johannes Sambucus (1531—1584) als Arzt (Sudhoffs Archiv für Geschichte der Medizin, Bd. 24, Leipzig 1931), S. 171 f. Das Testament Sambucus vom 20. März und 30. August 1584 im Archiv der Stadt Wien, Reg. 107. m) Meyer, Geschichte der Botanik, Bd. 4, S. 369. Senfeider, Beiträge zu einer Biographie des P. A. Matthiolus, S. 1480. us) F. Ambrosi, Di Pietro Andrea Mattioli sanese, S. 52. Am 21. Februar 1551 erhielt Valgrisius das Druckprivileg des Dioskorides auf 10 Jahre von Kaiser Karl V. zuerkannt. (HHSTA Reichsregister Karl V., Bd. 21, fol. 33'r. Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen XI, S. LV, n. 6442). ns) HKA Hofzahlamtsbuch 1567, fol. 225'’. Hofzahlamtsbuch 1568, fol. 318r. Rudel, Beiträge zur Geschichte der Medizin in Tirol, S. 82 f. iso) Senfeider, Beiträge zu einer Biographie des P. A. Matthiolus, S. 1480. Meyer, Geschichte der Botanik, Bd. 4, S. 370. Rudel, Beiträge zur Geschichte der Medizin in Tirol, S. 82 f. Mitteilungen, Band 15 6