Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)

KÜHNEL, Harry: Pietro Andrea Matthioli. Leibarzt und Botaniker des 16. Jahrhunderts

70 Harry Kühnei die Melancholie werde beim Erzherzog nicht wiederkehren; dessen Kräfte hätten schon zugenommen, auch Sirup habe er ohne Erbrechen eingenom­men. Es ist allerdings noch nicht abzusehen, wann der Fürst völlig wieder­hergestellt sein werde. Ein letztes Mal schrieb Matthioli am 20. Februar dem Kaiser, es sei in zehn bis 12 Tagen mit der völligen Genesung Ferdi­nands zu rechnen 30). Während des gesamten Krankheitsverlaufes setzte Matthioli den Leib­arzt Ferdinands I., Dr. Alexandrinus, vom jeweiligen Zustand in Kenntnis. Im Juli 1564 war es nun Alexandrinus, der an Matthioli schrieb, daß beim Kaiser „aliqua resistentia ... ni pulsu“ 31) auf getreten sei. Handsch machte wenige Tage später, am 25. Juli in sein Tagebuch folgende Eintragung: „In die S. Jacobi hora sexta post meridiana post coenam tranquille mortuus est (Kaiser Ferdinand). Agrotavit circiter 10 menses, catarrho, fabricula et dispositione ad hecticam ... Mortuus sectus est, nulla pinguendo inventa in eius corpore ...“ 32). Im gleichen Jahr behanäelte Matthioli den 56jäh- rigen Hofmeister Sigismund de Berka, der von egregie staturae war, aber an Paralyse litt. Eine Heilung wurde vom Leibarzt als äußerst schwierig erachtet33). Zu seinen Patienten in Prag zählte auch ein gewisser Bohus- law, der an morbus gallicus erkrankt war und dem Matthioli umfangreiche Ratschläge erteilte34). Erzherzog Ferdinand bekleidete bis zum Jahresende 1566 sein Amt als Statthalter in Böhmen; die Regelung der durch das Testament Ferdi­nands I. erfolgten Erbteilung führte den Erzherzog jedoch schon vorher nach Innsbruck. Im Mai 1566 hielt er sich dort auf und erkrankte an Fieber, das Matthioli mit Sirup zu heilen suchte35 *). In Innsbruck angekommen, folgte Matthioli dem Hofmeister Franz Graf a Turri ein Rezept aus, bat jedoch ausdrücklich, dieses geheim zu halten38). Wie sehr damals Matthioli als Arzt geschätzt wurde, beweist die Tatsache, daß er im Jänner 1567 ein Konsilium für Christine, Herzogin von Lothringen, Tochter König Christians II. von Dänemark, ausarbeitete, das Erzherzog Ferdinand an die Fürstin übersandte37). Die Herzogin schrieb daraufhin im Februar 38) HHSTA Familien-Akten, Schachtel 60. si) Cod. Vind. 11.183, fol. 194v. 32) Cod. Vind. 11.183, fol. 196v. 33) Cod. Vind. 11.183, fol. 226v, 245r. 3i) Cod. Vind. 11.183, fol. 139—177. Die Syphilis war damals sehr unter dem Adel verbreitet: im Februar 1561 stellte beispielsweise Matthioli bei dem 32jährigen Galliculus Henricus Wogarz morbus gallicus fest (Cod. Vind. 11.183, fol. 72r). 35) Cod. Vind. 11.183, fol. 255r. 38) Cod. Vind. 11.183, fol. 329'': „Recept einer salben und bads den frauen zu der fruchtbarkeit zu gebrauchen dienstlich“. 37) LRA Innsbruck, Kunstsachen III 37. 1567 II 15, Nancy. Karl Prinz von Isenburg, Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten. Bd. 1 (Berlin 1936), Tafel 14.

Next

/
Thumbnails
Contents