Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)

KÜHNEL, Harry: Pietro Andrea Matthioli. Leibarzt und Botaniker des 16. Jahrhunderts

66 Harry Kühnei Capitano della Torre nach Görz gerufen, um eine Ausbreitung der Pest, die in mehreren Teilen Kärntens wütete, zu verhindern. Er übernahm die Stelle eines Stadtphysikus, die ihn so sehr in Anspruch nahm, daß für seine Forschungen wenig Zeit blieb, wie er in einem Brief an Fürstbischof Madruz von Trient 1543 betonte11). Als sein Haus in Görz abbrannte, wurde ihm von der Stadtverwaltung ein Jahresgehalt im voraus bezahlt12). Im Jahre 1546 ersuchten die Verordneten der Grafschaft Görz die Hof­kammer in Wien, man möge Matthioli jene 100 fl. Provision, die durch den Tod des dortigen Wundarztes Meister Bernhard „ledig“ geworden sind, zuerkennen, doch fand diese Petition keine Beantwortung 13). Schon im Jahre 1550 wurde erwogen, Matthioli als Physikus und Chirurg König Ferdinands nach Innsbruck zu berufen. Der königliche Physikus Dr. Georg Mandler hatte nämlich seinen Dienst aufgekündigt und war auf dem Wege nach Linz, wo er bis 1555 den Posten eines Medikus der Stände des Landes ob der Enns innehatte 14 15). Da nun einzig der aus Brixen stammende Dr. Jo­hann Peter Merenda dem König im Krankheitsfall zur Verfügung stand, der in der Wundarznei jedoch nicht besonders beschlagen war, schlug das Regiment der oberösterreichischen Lande dem König vor, Dr. Matthioli aufzunehmen. Die Empfehlung ging von Franciscus Freiherrn von Sprin- zenstein16) aus, der Matthioli als theoretischen wie praktischen Arzt Karl V. nach Neapel im Jahre 1536 nach seinen Briefen an Ferdinand I. (Diss. Wien 1956), S. VII ff. >°) L. Senfeider, Beiträge zu einer Biographie des P. A. Matthiolus, S. 1479. O. Rudel, Beiträge zur Geschichte der Medizin in Tirol, S. 66. n) M. Bori, Nuovi documenti, S. 245, 250 ff. O. Rudel, Beiträge zur Ge­schichte der Medizin in Tirol, S. 68. F. Ambrosi, Di Pietro Andrea Mattioli sanese, S. 60 f. 12) Meyer, Geschichte der Botanik, Bd. 4, S. 368. 13) Hofkammerarchiv (fortan HKA) Hoffinanzregister E, Bd. 195, fol. 76v. Dieser Meister Bernhard ist vermutlich mit dem Meister Bernhard von Trient identisch, von dem uns ein Rezept gegen Zahnschmerzen (Cod. Vind. 11.161, fol. 231r), „ein ser gut mundt Wasser“ (Cod. Vind. 11.161, fol. 239r) sowie ein Rezept gegen Augenröte (Cod. Vind. 11.161, fol. 164' ) erhalten ist. 14) Franz Xaver Stäuber, Historische Ephemeriden über die Wirksamkeit der Stände von Österreich ob der Enns (Linz 1884), S. 254. 15) Paul Ricius, geb. um 1480, wurde 1529 vom Bischof Ernst zu Passau mit der Herrschaft Sprinzenstein im Mühlviertel belehnt und 1530 in den Reichs­freiherrenstand erhoben; er war kaiserlicher Leibarzt. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich. Teil 35 (Wien 1878), S. 290. 1515 erhielt er von Maximilian I. den Auftrag, zusammen mit Konrad Peutinger den Talmud ins Lateinische zu übersetzen (HHSTA Reichsregister Bd. Y, fol. 20r). Ricius führte 1527/28 als Leibarzt Ferdinands I. den Titel „Protophysicus“; seine monatliche Besoldung betrug 38 fl. 20 kr. (HHSTA Obersthofmeisteramt Sonder­reihe, Karton 181, n. 5, fol. 5). Ricius übersetzte von Rabbi Joseph cognomen Gicathilia den „Liber Porta lueis“ vom Hebräischen ins Lateinische und gab das Werk ohne Angabe des Autors 1516 in Augsburg in Druck (Cod. Vind. 11.258). Der ältere Bruder Hieronymus Ricius war Leibarzt der Königin Anna, Gemahlin Ferdinands I., von 1527 an Propst in Trient (Rudel, Beiträge zur

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