Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)
KÜHNEL, Harry: Pietro Andrea Matthioli. Leibarzt und Botaniker des 16. Jahrhunderts
Pietro Andrea Matthioli. Leibarzt und Botaniker des 16. Jahrhunderts. Von Harry Kühnei (Krems). (Mit 2 Abbildungen.) Persönlichkeiten der Wissenschaft und Kunst des ausgehenden 15., vor allem aber des 16. Jahrhunderts zogen seit jeher die Geschichtsforscher in ihren Bannkreis, nicht zuletzt deshalb, weil in diesem Zeitabschnitt, der Renaissance, der „Antrieb zur höchsten Ausbildung der Persönlichkeit“ in einem dem Mittelalter unbekannten Maße verwirklicht wurde1)- In dieser Epoche war aber auch das Bestreben kennzeichnend, sich alle Elemente der Bildung anzueignen, so daß der Begriff „l’uomo universale“ gleichsam die Konsequenz aller dieser Bemühungen war. Wenngleich Jacob Burckhardt die Auffassung vertrat, daß der Typ des „uomo universale“ ausschließlich Italien angehörte, so darf doch die Tatsache nicht außer acht gelassen werden, daß zahlreiche italienische Künstler und Gelehrte von Begabung und Befähigung im Sinne dieses Renaissanceideales außerhalb ihres Vaterlandes, in Österreich und Deutschland gewirkt haben. Die habsburgischen Herrscher mit ihren unterschiedlichen Interessen traten hiebei meist als Mäzene und Förderer auf. Auf dem Sektor der Kunst sei auf die vielseitige Natur des Jacopo da Strada 2) verwiesen, der übrigens auch wie Pietro Andrea Matthioli schon durch seine Zeitgenossen eine voneinander abweichende Beurteilung erfuhr. Matthioli wurde im Verlaufe von nahezu vier Jahrhunderten in zahllosen mehr oder weniger umfassenden und tiefschürfenden Werken sowie Studien überwiegend als Botaniker3) 1) Jacob Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien (Leipzig 1928), S. 128 f. 2) Thieme-Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler, Bd. 32 (Leipzig 1938), S. 145 ff. Alphons Lhotsky, Festschrift des Kunsthistorischen Museums in Wien, 2. Teil, 1. Hälfte (Wien 1941—45), S. 160 ff. Harry Kühnei, Die landesfürstlichen Baumeister der Wiener Hofburg von 1494 bis 1569 (Anzeiger der philos. histor. Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Jg. 1959, Nr. 24), S. 319 ff. 3) Giuseppe Moretti, Difesa e illustrazione delle opere botaniche di Pier Andrea Mattioli (Giornale dell’ istituto Lombardo di scienze, lettere ed arti, VI/10, IX/54, XI/257,XIV/36). Ernst H. F. Meyer, Geschichte der Botanik, Bd. 4 (Königsberg 1857), S. 366 ff. Francesco Ambrosi, Di Pietro Andrea Matthioli sanese e dei suo soggiorno nel Trentino (Archivio Trentino, Trento 1882), S. 49 ff.. Mario Bori, Nuovi documenti intorno alle relazioni di Pietro Andrea Mattioli con i Principi Vescovi di Trento (Studi Trentini di scienze naturale, Jg. III, 1922),