Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)
AUER, Erwin M.: Die Präbende des Ordens vom Goldenen Vlies
Die Präbende des Ordens vom Goldenen Vließ 7 tung im Generalkapitel vorgesehen war. Nach dem Tod des Ordenskanzlers konnte in dessen Büro 33) im geheimen Staats- und Konferenzrat die genannte Erstausfertigung des Stiftbriefes längere Zeit nicht gefunden werden 34) ; erst dank der Bemühungen des Direktors der geheimen Staats- rats-Kanzlei Vinzenz von Pittrich war es möglich, sie zu Weihnachten 1833 dem Kaiser wieder vorzulegen. Am 9. März 1834 resolvierte der Kaiser und Ordenssouverain: . . . und ist der beyliegende Stiftbrief neu abzuschreiben, und mit einem gehörigen Einbande versehen Mir zur Unterschrift vorzulegen, damit er sodann im Ordensarchive gehörig auf bewahrt werde 35). Die Prachtausfertigung (vgl. Abb. 2 und 3), die dann im Jahre 1834 — selbstverständlich wieder unter dem Datum 16. Mai 1830 — hergestellt wurde, erliegt im Sinne des vorletzten Absatzes der Stiftungsurkunde36) noch heute im Ordensarchiv; die später nicht mehr benötigte Erstausfertigung hingegen ist seit dem Jahre 1835 in der Ordenskanzlei unauffindbar geblieben. Was den rechtlichen Charakter der Stiftung betrifft, so wurde der Stiftbrief weder im Jahre 1830 noch im Jahre 1834 der Vereinigten Hofkanzlei als oberster Stiftungsbehörde notifiziert und daher auch die Präbende als solche nicht der Aufsicht dieser Behörde unterstellt. Die Präbende wurde deshalb noch 1913 als eine rein interne Stiftung des Ordens vom Goldenen Vließ angesehen 37 * *). Der Artikel 2 des Stiftbriefes hält als Aufgabe der Präbende die Unterstützung unverschuldet in Armut geratener Adeliger fest. Die Präbende wird aus diesem Grunde auch als Armenstiftung s»), Armenpfründe 3») oder Almosen 40) charakterisiert, die daher auch keiner gerichtlichen Exekution unterliegen konnte41). Den Präbendisten wurden als Gegenleistung für die gewährte Unterstützung im Artikel 3 untadeliger Lebenswandel und die Verpflichtung auferlegt, täglich fünf Vater Unser und Ave Maria und das Glaubenbekenntniß für den Errichter dieser Stif33) Vgl. oben Anm. 14. 34) ZI. 2/TO/1832, fol. 15v. as) ZI. 9/TO/1834, fol. 89r. 36) Vgl. unten S. 61. 37) ZI. 56/TO/1913; vgl. auch unten Anm. 470. — Wenn der Hofrat in der Kabinettskanzlei und Wappenkönig des Toison-Ordens Ernst Freiherr Weber von Ebenhof in seinem Pro actis-Vermerk des gleichen Aktes behauptet, die Stiftung wäre nicht amtlich verlautbart worden, so ist dies in Anbetracht der oben auf S. 5 zitierten Bekanntmachung der Stiftung in der Wiener Zeitung vom 26. Mai 1830 und der später oftmals erfolgten Ausschreibung erledigter Präben- den sowie Kundmachung von Verleihungen in diesem amtlichen Presseorgan unrichtig. ss) ZI. 30/TO/1867. sä) ZI. 19/TO/1870. 4«) ZI. 15/TO/1875 und 23/TO/1883. 4!) ZI. 30/TO/1867, 2/TO/1868, 15/TO/1875 und 22/TO/1878.