Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)
AUER, Erwin M.: Die Präbende des Ordens vom Goldenen Vlies
8 Erwin M. Auer tung und für die lebenden und verstorbenen Ordens-Ritter zu beten 42); das tägliche Gebet stellt, wie etwa der Stiftbrief für die Elisabeth-Theresien- Stiftung erhellt43), eine durchaus übliche Verpflichtung in den Stiftungen jener Jahrhunderte dar. Die V erwaltungsgeschäfte der Stiftung mit Ausnahme der finanziellen Gebarung oblagen im Sinne der Artikel 4 und 5 des Stiftbriefes dem Ordenskanzler, der zu ihrer Erledigung die Ordenskanzlei heranzog. Mochte diese Kanzlei der breiten Öffentlichkeit auch als eine selbständige Einrichtung erscheinen, tatsächlich war die Ordens Canzley als solche eigentlich nicht constituiert 44), weil an ihrer Stelle Sr. M. Cabinets- Kanzlei fungiert hatte46). Diese Tatsache wird aus der Geschichte der Ordenskanzlei verständlich, die freilich in diesem Zusammenhang lediglich gestreift werden kann. Von alters her besorgten die vier Ordensoffiziere (Kanzler, Ordens-Sekretarius oder Greffier, Schatzmeister oder Trésorier, Wappenkönig oder Roi d’Armes) die Ordensgeschäfte; sie erhielten dafür seitens des Ordens kein Gehalt, sondern hatten sich in den von den Ordensrittern anläßlich der Promotionen in beachtlichem Ausmaß zu erlegenden Taxen46) zu teilen. ZurZeit der Stiftung der Toison-Ordens-Präbende waren nur mehr die Stellen des Kanzlers und des Wappenkönigs ad personam mit Hof-, bzw. Staatsbeamten besetzt, die Funktionen des Schatzmeisters und des Greffiers hingegen waren bereits 1808 auf 9 Beamte der Kabinettskanzlei übergegangen47), die die Konzepts- und Schreibarbeiten für den Orden zu leisten hatten und deshalb an den jeweiligen Taxanteilen für den Schatzmeister und den Greffier gemeinsam in gleicher Höhe partizipierten. Es entsprach also durchaus den Gegebenheiten, wenn in den Ausschreibungen für erledigte Präbenden verlangt wurde, daß die Gesuche in der Cabi- nets-Kanzlei Sr. Majestät als Toison-Ordens-Kanzlei (Hofburg, Schweizerhof, Sten Stock) einzubringen waren 48). Die Präbende sollte im Sinne der Narratio des Stiftbriefes aus der Kaße des Ordens finanziert werden 49), die seit 1808 bestand. Wurden vor 1808 die Bedürfnisse des Ordens vom goldenen Vließe . . . aus den allgemeinen Erträgnissen des Allerhöchsten Privatvermögens bestrittenso), so «) ZI. 5/TO/1830, fol. 29r. 43) Erwin M. Auer, Ein Stiftbrief aus dem Jahre 1771, in: Wiener Geschichtsblätter, Jg. 6 (66), Wien 1951, 23, Artikel 6. 44) ZI. l/TO/1856, Punkt 3. 46) ZI. 8/TO/1872. 46) Erwin M. Auer, Die Ordensgarderobe, in: Festschrift zur Feier des 200- jährigen Bestandes des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, Bd. 2, Wien 1951, 18 ff. i7) In den Schematismen und Hofkalendern findet sich zwischen 1824 und 1848 beim Orden vom Goldenen Vließ diesbezüglich folgender Vermerk: Schatzmeister und Greffier: die dermahligen Sekretäre und Offiziale des geheimen Kabinetts Sr. Majestät. 48) Z. B. Amtsblatt zur Wiener Zeitung, 25. Juli 1868, Nr. 175, 1031. 4») ZI. 5/TO/1830, fol. 29r. so) ad 56/TÓ/1913, Pro actis.