Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)
KÁLLAY, István: Zur Verwaltungsgeschichte der freien königlichen ungarischen Städte im 17. und 18. Jahrhundert
188 István Kállay Stadtbürger, als Urteilfinder eingeladen hat. Z. B. unter den Adeligen saßen zwei Ödenburger und ein Rüster Bürger der Sitzung des Herrenstuhles des Grafen Pál Eszterházy in Eisenstadt (29. X. 1676) bei. An der Raaber Herrenstuhlsitzung des Erzabtes von Pannonhalma nahmen planmäßig 1—2 Geschworene der Stadt teil 36). Wenn einer der Mitglieder des Rates in einer ihn selbst betreffenden Angelegenheit beteiligt war, mußte man ihn bei dieser Gelegenheit entheben und durch einen anderen Geschworenen ersetzen. Wenn der ganze Rat beteiligt war, wurde derselbe meistens durch den Rat einer benachbarten Stadt ersetzt. Dies war 1725 in Ofen der Fall, als ein Bürger die ganze Kommunität beleidigte. Der Stadtrat von Ofen hat deswegen den Rat von Stuhlweißenburg eingeladen, den Prozeß gegen ihn auszutragen 3r). Der Ofener Rat hat nicht nur allein den Stuhlweißenburger Rat eingeladen, sondern auch die Senatoren von Gran und Pest, die der Sitzung beiwohnten. Die Zünfte hatten meistens ihre eigenen Privilegien, waren jedoch von der Stadtverwaltung nicht unabhängig. Abgesehen von den Personen, die gleichzeitig Stadt- und Zunftwürdenträger waren, übte der Stadtrat die Aufsicht über die Zunftangehörigen aus. Es kam sehr oft vor, daß der Stadtrat in inneren Sachen der Zünfte entschied. Die Zunftmitglieder haben sich oft an den Rat gewendet, um ihre Streitigkeiten bereinigen zu lassen. 1764 hat der Rat von Stuhlweißenburg den Zunftmeister und einige Mitglieder der Kürschnerzunft wegen Zunftstreitigkeiten eingekerkert. 1764 vermittelte der Rat zwischen der Ledererzunft und ihrem Zunftmeister, József Tar, einen Ausgleich* 38 39). 1781 vergaß Pál Kondráts seine Pflicht gegen die Stiefelmacherzunft, indem er in Anwesenheit des königlichen Kommissars seine Zunftgenossen beleidigte. Der Stadtrat verurteilte ihn zu einer Kerkerstrafe mit Wasser und Brot38). Ähnlich übten auch die Märkte die Gerichtsbarkeit über die Zünfte aus. Der Gerichtshof der Märkte konnte zweite Instanz für die Zunftgerichte sein. 1620 wurde ein Handwerker in Pápa von dem 16köpfi- gen Zunftgericht mit der Entziehung seines Gewerbes bestraft. Er appellierte an den Stadtrat und dieser revidierte das Zunfturteil: er durfte sein Gewerbe weiter betreiben 40). Die Studenten einiger höheren Schulen mit großer Vergangenheit waren durch ein eigenes Privilegium aus der Jurisdiktion des Stadtrates 3«) Eckhart Ferenc, A földesúri büntetőbíráskodás a XVI—XVII. században. Budapest 1954. S. 28. 37) Gesetzesartikel 53 vom Jahre 1659. Stadtarchiv Stuhlweißenburg. Acta politica et juridica. Fasz. 1725. Nr. 27. 1725. 7. IV. 38) Lauschmann, B. II. S. 45. 39) Stadtarchiv Stuhlweißenburg. Ratsprotokoll, 1781. 5. II. «) Eckhart, S. 19—20.