Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 15. (1962)

KÁLLAY, István: Zur Verwaltungsgeschichte der freien königlichen ungarischen Städte im 17. und 18. Jahrhundert

Verwaltungsgeschichte der freien königi.-ungar. Städte im 17. und 18. Jhdt. 189 ausgenommen. Das Gymnasium von Stuhlweißenburg protestierte 1742 gegen das Vorgehen der Stadt, als sie zwei Studenten unter dem Verdacht des Diebstahles verhaftete. Aus dem Protest geht hervor, daß sie das Recht hatte, ihre Studenten selbst zu verurteilen oder zu bestrafen. Die Schule verlangte wegen ihrer Verhaftung Genugtuung von der Stadt. Das Gymnasium verurteilte seine Studenten zum Kerker mit Brot und Wasser oder zur Auspeitschung 41). Als Regiment der Stadt fungierte der Innere Rat (Magistrat). Der Innere Rat bestand aus 8—12 Senatoren (Räte), an seiner Spitze stand der Stadtrichter. Die Funktion des Bürgermeisters wurde erst am Ende des 18. Jahrhunderts eingeführt. Im Wirkungskreis des Inneren Rates stand die Gerichtsbarkeit und die politisch-finanzielle Verwaltung. Die Ge­richtsbarkeit und Verwaltung waren voneinander nicht getrennt. Die Rechte des Rates auf dem Gebiete der politischen Verwaltung erstreckten sich auf die Statuten, das Polizei-, Waisen-, Gewerbe-, Sanitäts-, Armenwesen und auf die Übertragung der Immobilien. Zur politischen Verwaltung gehörte die Militärverpflegung, die in erster Reihe die Einquartierung bedeutete. Im Kreis der finanziellen Verwaltung übte der Innere Rat das Recht des Stadtgrundbesitzes, der Regalien, aus und verrichtete seine Aufgabe in Zusammenhang mit dem Steuer-, Abgaben- und Marktwesen. Die wich­tigste Aufgabe und das bedeutsamste Privilegium des Inneren Rates war die Gerichtsbarkeit. Der Magistrat sprach in sämtlichen Sachen der Stadt­bürger und Inwohner, in Prozessen, die mit bürgerlichem Grund oder Schuld in Zusammenhang standen, und in Strafprozessen der auf dem Stadt­gebiet festgenommenen Verbrecher das Recht42). Einige Städte hatten auf Grund besonderer Privilegien auch das Recht des Blutbannes (Jus gladii). Dieses Recht erstreckte sich in erster Reihe auf Mörder, Brandstifter und Gewalttäter (Notzucht), die am Tatort festgenommen wurden. Wenn aber die Stadt jemanden, insbesondere eine adelige Person, ohne triftigen Grund zum Tod verurteilte, waren die Stadt­bürger nicht persönlich, sondern der Stadtrichter und die Räte verant­wortlich. In diesem Falle büßten sie dafür mit dem Halsurteil: sie verloren ihre Güter und Erbschaften. Von diesen beschlagnahmten Gütern bekam zwei Drittel der König, ein Drittel jedoch die Witwe und die Kinder, oder die Verwandten des Hingerichteten 43). Das Gericht der Stadt bestand aus dem Stadtrichter, 4—6 Senatoren und aus dem Stadtnotar (Stadtschreiber). Der Stadtrichter war verpflich­tet, über alle Kriminalprozesse dem Magistrat in der Ratssitzung zu be­richten. Die meisten Berichte wurden protokolliert. Die Streitigkeiten, die «) Stadtarchiv Stuhlweißenburg. Acta politica et juridica. Fasz. 1742. Nr. 120. Lauschmann, B. II. S. 57—60. «) Frank Ignác, A közigazság törvénye Magyarhonban. Buda 1847. B. II. S. 20. Csizmadia, S. 290—291. 43) Huszty, S. 15 und 78.

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