Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
CORETH, Anna: Kaiserin Maria Eleonore, Witwe Ferdinands III., und die Karmelitinnen
52 Anna Coreth sei während seines 24-jährigen Bischofsamtes immer sein Wunsch gewesen, zur Ehre Gottes, zur Erbauung des Volkes und zum Heil vieler Seelen. Für den Unterhalt der Nonnen — deren nach den Konstitutionen des Ordens nicht mehr als 21 in einem Kloster Aufnahme finden dürfen — sei durch die Höhe der Stiftung reichlich gesorgt. Er bat um die Vollmacht an den Nuntius, vier Klosterfrauen dem St. Josephskloster in Wien entnehmen zu dürfen, wenn das Haus adaptiert und klausuriert sein werde — so wie es in den Stiftungsbedingungen vorgesehen war. Doch in dem einem Punkt divergiert dieses Ansuchen wesentlich von dem wirklichen Plan: der Bischof gibt vor, das Kloster werde unter seiner Jurisdiktion stehen25). Tatsächlich hat er — und nun versteht man sein Zögern — mit der Kaiserin besprochen, die Bewilligung der Kurie unter diesem Modus rasch zu erwirken und dann im Stillen die Rechte auf den Karmelitenorden übergehen zu lassen. Am 2. Mai ist wirklich aus Rom die Vollmacht für den Nuntius ergangen, nicht vier sondern zwei Chorfrauen und eine Laienschwester aus Wien nach Neustadt zu versetzen, u. zw. unter geeigneter Begleitung in einer Karosse oder verschlossenen Sänfte, oder bei verschleiertem Gesicht, auf direktem Weg ohne Aufenthalt oder Übernachtung. In dem neuen Kloster sollten die Schwestern 6 Jahre verharren, wobei die 2 Chorfrauen abwechselnd die Ämter einer Priorin und Novizenmeisterin versehen sollten. Nach 6 Jahren könnten sie beim Papst um Bewilligung ansuchen, in diesem Kloster zu bleiben. All dies wurde natürlich unter der Voraussetzung der „authoritä ordinaria“, wie vorgegeben worden war, gewährt26). Den Patres aber stiegen Bedenken auf: folgten sie der Kaiserin, widersetzten sie sich dem päpstlichen Breve. P. Gerardo wendete sich mit dieser Frage nicht nur an die Ordensoberen sondern auch an den Nuntius, denn in dem Breve ist nicht von geistlicher Betreuung durch Patres die Rede, wie sie die Stiftung verlangte. Der Nuntius beruhigte ihn. „Im Fall unsere Patres superiores in einem oder andern Puncten solten finden eine beschwer- nuß und sich etwas fremd erzaigen, hat mir nicht nur ein und ander sondern auch zum dritten mahl der Nuntius ausdrukhlich gesagt, daß er alles das jenige, was die ermelte hohwolg. stiffterin praetendiere, könne gestatten und einverwilligen“. Dies schrieb P. Gerardus, der Provinzial, zur Beruhigung an Sr. Maria Colomba. Er hatte es auch an das General-Defini- torium mitgeteilt27). Denn, wenn es mit der Erlaubnis des Beichthören für die Patres und einer Unterkunft für diese ein Hindernis gäbe, würde doch bei einer Gründung „das intent sehr veruckt werden“. So suchte man nach einem Plan, „welcher gestalt unsere Patres auff begern des Bischofs zue Neustatt und mit dessen Licenz ohne Verletzung seiner Gerechtigkeitt, Beichthoren konten“, also als Beauftragte des Ordinarius. Auch bezüglich 25) LA.K1A. E, fol. 61, 65, 75. 26) Kop. des Schreibens des Kardinal Ginetti an den Nuntius, LA.K1A. E, fol. 66. 27) 16. Juni 1663, LA.K1A. E, fol. 79.