Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

CORETH, Anna: Kaiserin Maria Eleonore, Witwe Ferdinands III., und die Karmelitinnen

Kaiserin Maria Eleonore, Witwe Ferdinands III. 47 informieren und ersuchte den Nuntius — damals Carlo Carafa aus dem fürstlichen Haus von Novella — einstweilen den ganzen Plan geheim zu halten. Es ist nun interessant, daß hier erstmalig von Wiener Neustadt die Rede ist, während doch bisher und noch weiterhin Linz als Ort der Grün­dung ausersehen war. Doch Leopold Wilhelm kannte offenbar die Gegen­kräfte in seiner eigenen bischöflichen Umgebung gegen immer neue Be­schneidungen der episcopalen Jurisdiktion und machte Erwägungen, es in einer anderen Diözese zu versuchen, falls er selbst in Passau nicht durch­dringen könnte. Vielleicht fühlte er sein Ende herannahen. Daß diese Erwägungen im Zeichen strengster Diskretion standen, ist selbstverständlich. So war es eine peinlich-komische Episode, als der Erz­herzog für die Osterfeierlichkeiten zu den Patres Karmeliten kam, wo P. Joseph ihm zu seinem nicht geringen Erstaunen mitteilte, der Nuntius habe ihn über die geheime Besprechung mit dem Erzherzog betreffend Wiener Neustadt orientiert. P. Joseph bot dem Erzherzog seine Hilfe an, weil er in solchen Dingen Praxis besäße. Leopold Wilhelm brach das Ge­spräch verlegen ab mit den Worten, er solle tun, was er wolle, nicht wissend, ob er diesen Pater ins Vertrauen ziehen solle und fragt darüber bei Maria Colomba an 12). Diese aber ist höchst erschreckt über den Bruch des Geheimnisses und alarmiert sogleich die Kaiserin: der Nuntius habe nicht Wort gehalten. Es mag sein, daß sie überdies annimmt, das Gespräch mit P. Joseph habe den Nuntius in seiner Meinung, man könnte von der päpstlichen Erlaubnis ab- sehen, erschüttert. Die Kaiserin, rasch entschlossen, nahm die Sache sofort selbst in die Hand, ohne ihrem bischöflichen Schwager etwas zu sagen, sorgte für eine Unterredung mit dem Nuntius und dieser versprach auch ihr zu tun, was in seiner Macht stünde. Man vereinbart, nicht an den Hl. Vater zu schreiben, weil von dorther wegen der außergewöhnlichen Wünsche eine negative Antwort zu erwarten sei, sondern mit dem Ordensgeneral alles zu regeln. Er als päpstlicher Nuntius wolle hiebei tun, als sähe er nichts und würde die Kaiserin frei handeln lassen13). Über weitere Details möchte diese mit Maria Colomba in den nächsten Tagen bei einem persönlichen Be­such im Kloster reden. .Derjenige, der an den Ordensgeneral nach Rom zu schreiben beauftragt wird, ist P. Joseph, der offenbar das Vertrauen der Ordensleitung als be­währter alter Pater voll besitzt. General war der durch seine 7-bändige theologische Erkenntnislehre (Bibliotheca theologica) bekannte P. Domini­kus von der hist. Dreifaltigkeit (t 1687). Seine Reaktion aber ist mehr als zurückhaltend. Wenn man intern Stellung beziehen müßte, so antwortet er am 4. Juni 1661, würde er gern seine Ansicht mitteilen, — es waren dies 12) Abschr. Fam.A. fol. 10, Leopold Wilhelm an Maria Colomba, s. d. 13) Eleonora an M. Colomba, Favorita, 1. Mai 1661, Or., Fam.A. fol. 22 und 14. Mai (1661), Or., ebenda fol. 24. „... che lui come Nuncio farä conto di non vedere e lasciare fare a me“.

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