Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
CORETH, Anna: Kaiserin Maria Eleonore, Witwe Ferdinands III., und die Karmelitinnen
44 Anna Coreth Karmel auf dem Salzgries bei den „Siebenbüchnerinnen“, in dem sie ihr für ein Schreiben dankt und hinzufügt, Pater Joseph hätte ihr sicherlich schon von dem guten Stand der Verhandlungen erzählt6). Dies ist das erste Schreiben der Kaiserin, das den noch ganz geheimen und im Vorstadium begriffenen Plan der Klostergründung betrifft, zugleich die erste Nachricht überhaupt. Es sind hier schon mehrere der Hauptfiguren der künftigen Handlung im Spiel: Sr. Maria Colomba, die treibende Kraft, die selbst den neuen Karmel begründen und leiten sollte. Auch sie scheint, wie die oben genannten Gründerinnen, eine bedeutende Persönlichkeit gewesen zu sein, vermutlich war sie Italienerin wie diese. Ferner ist in dem Billet von P. Joseph a Sta Cruz, einem Spanier, die Rede, der zu den ersten reformierten Karmeliten, die zu Beginn der 1620er-Jahre nach Österreich, bzw. nach Prag, gekommen waren, gehört hatte6a). Jetzt war er ein alter Mann von reicher Erfahrung, von Eifer und Frömmigkeit beseelt, von großer Regeltreue aber einiger Ängstlichkeit. Er war einer der Ersteingeweihten vonseiten des männlichen Karmel, sollte aber später mit der Kaiserin darüber in Konflikt geraten. Schließlich begegnet uns hier die fromme, tatkräftige Kaiserin selbst. Aus dem weiteren Zusammenhang geht hervor, daß die Dinge sich etwa folgendermaßen bisher entwickelt hatten. Maria Euphrosina, geborene Freiin von Löbl, die im Alter von 17 Jahren, etwa 1647, dem Freiherrn Wenzel von Zaradeck (Seratech, Zahradezky), einem mährischen Adeligen, kaiserlichem General-Feldmarschalleutnant, Kammerherrn des Erzherzogs Leopold Wilhelm, angetraut worden war, aber nach einem halben Jahr Ehe verwitwet war, hatte sich zur Stiftung eines Karmelitinnenklosters entschlossen 7). Sie stand im Jahre 1660 im Alter von ungefähr 30 Jahren. Die Verhandlungen, von denen die Rede ist, können sich erst zwischen der Stifterin und dem Orden bewegt haben. Nicht nur die Priorin des St. Josephsklosters für 6) Zeitgen. Kopie im Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Habsb.-lothr. Hausarchiv, Familienakten, Kart. 17, fol. 7 (zit. Fam. A. 7). Wenn Maximilian Fischer, Hist, und topogr. Darstellungen von Wiener-Neustadt und ihren Umgebungen, Wien 1832, S. 73, sagt, die Kaiserin hätte die Stiftung des Neustädter Karmels bei ihrer Hochzeit 1651 beschlossen, so gibt es dafür keinen Beleg. Ein Hinweis auf Wiener Neustadt als Ort ihrer Hochzeit in einem späteren Schreiben der Kaiserin an Papst Klemens IX. (s. u. S. 61) dürfte die Ursache dieses Irrtums sein. Vgl. diesen schon bei Alois Gleich, Geschichte der kais. kön. Stadt Wienerisch Neustadt, Wien 1808. 6a) Vgl. unten S. 58. Im Oktober 1624 langte ein P. Joseph a Cruce aus Italien kommend in Prag ein. Es besteht kaum ein Zweifel, daß er mit diesem identisch ist. Vgl. Koloman Joss, Die Karmeliten in Österreich in Knoll-Winter- Zessner-Spitzenberg, Dominicus a Jesu Maria, Wien 1930, S. 92. T) Maria Euphrosina hatte eine mit einem Grafen von Serin verheiratete Schwester, eine weitere Schwester war die Gemahlin des kaiserlichen Gesandten in Spanien zu jener Zeit, Grafen Pötting, eine dritte war unverheiratet und trat später in das neugegründete Kloster ein. Vgl. Niederösterreichisches Landesarchiv, Klosterakten, D, fol. 28 (cit. LA.K1A. D, fol. 28).